ebenfalls 1926 geregelt38. Die saarländischen schwerindustriellen Werke —
mit Ausnahme der Dillinger Hütte — traten den deutschen Verbänden für
den deutschen Markt und die außerfranzösische Ausfuhr bei39. Die Zoll¬
stundungen wurden auf Grund der Zollabkommen und dieser privatwirt¬
schaftlichen Vereinbarungen erlassen40. Ein endgültiges Zollabkommen zwi¬
schen Deutschland und Frankreich vom 23. Februar 1928 berücksichtigte
neben den Interessen der Saarindustrie auch einen beachtlichen Teil der
Wünsche der Saarbevölkerung nach Versorgung mit deutschen Produkten41.
Auch die allgemeinen deutsch-französischen Handelsvereinbarungen mit
ihren Minimaltarifen für bestimmte Waren enthielten Festlegungen, durch
die saarländische Forderungen erfüllt werden konnten42. Der Regierungs¬
kommission fiel ein Teil der Verwaltung in diesen Saarzollabkommen zu,
und sie bemühte sich in den folgenden Jahren immer wieder, möglichst viel
aus dem Abkommen herauszuholen und bei Neuregelungen im französischen
Zollwesen die Interessen der Saarländer und ihre Wünsche zu vertreten43.
Die Saarbevölkerung, insbesondere die wirtschaftlich interessierten Kreise,
hatten es also verstanden, in den Zollfragen, die nach den Friedensbestim¬
mungen ihrer Einflußnahme vollständig entzogen waren, ihre Vorstellungen
in einem beachtlichen Maße durchzusetzen. Die Partei- und Interessenver-
treter hatten dazu nicht nur von ihren rechtlich zugestandenen Möglichkeiten
im Landesrat und in den Denkschriften nach Genf Gebrauch gemacht, son¬
dern hatten erreicht, daß sie in Paris und Berlin gehört wurden. Diese Er¬
folge fielen ihnen letztlich zu, da Regierungskommission, Völkerbund und
Frankreich ein Interesse an einer gesunden wirtschaftlichen Entwicklung an
der Saar hatten und die Erfüllung der saarländischen Forderungen dazu
Bedingung war. Die Sicherung des deutschen und französischen Absatz¬
marktes führte zu einer Periode der Prosperität an der Saar und machte die
Saar zunächst auch weniger anfällig für die Weltwirtschaftskrise, da eine
Ausgleichmöglichkeit bestand. Die zeitweise und teilweise vollzogene Ab¬
schneidung von der deutschen Produktion hatte außerdem im Saargebiet zur
Gründung neuer Unternehmungen und zu einer Differenzierung und Be¬
reicherung der Produktion geführt. Dadurch wurde das wirtschaftliche Le¬
ben an der Saar stabiler und vielseitiger44. Das Saargebiet und Frankreich
zogen Gewinn aus den Zollregelungen und der damit verbundenen wirt¬
schaftlichen Entwicklung an der Saar45. Das Deutsche Reich dagegen hatte
von den Vereinbarungen und Zugeständnissen keine wirtschaftlichen Vor¬
teile. Es hatte den Saarzollabkommen aus Rücksicht auf die Saarbevölke¬
rung zugestimmt und die Absatzwünsche der Saarindustrie in Deutschland
38 S.D.N. J.O. VII,5 S. 651, u. VII,12 S, 1602; Cartellieri, a. a. O., S. 241.
39 Röchling, a. a. O., S. 112 f.; Lambert, a. a. O., S. 156f.
40 Ebenda und S.D.N. J.O. VII,12 S. 1602.
41 S.D.N. J.O. X,2 (1929), S. 330; Keuth, a. a. O., S. 316f.
42 Keuth, a. a. O., S. 317.
43 S.D.N. J.O. VIII,3 (1927), S. 302; X,2 (1929), S. 330; XIII,9 (1932), S. 1561 f.; XV,9
(1934), S. 1129.
44 Vgl. dazu die Darlegungen und Aufstellungen Keuths, a. a. O., S. 294—300.
45 So auch Lambert, a. a. O., S. 157.
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