Regierungskommission war durch Sparmaßnahmen, vor allem die Kürzung
der Gehälter, Löhne, Pensionen und Renten, durch die Steuererhöhung und
durch Rückgriff auf die Reserven in der Lage, den Staatshaushalt zu regu¬
lieren. Durch ihre Politik gegenüber den Gemeinden suchte sie ein Finanz¬
chaos in diesen demokratischen Gebilden, die nicht zu unpopulären Ma߬
nahmen schreiten wollten, zu verhindern64.
Die Regierungskommission und die Parteien hatten aber audi bei Beginn
der Weltwirtschaftskrise ein gemeinsames bedeutsames Projekt für die Saar
entwickelt, die Aufnahme einer großen internationalen Anleihe65. Besonders
die Sozialdemokratische Partei unter der Führung von Braun hatte sich
immer wieder leidenschaftlich für diesen Plan eingesetzt66. Da der Völker¬
bundsrat diese Anleihe genehmigen mußte, hatte Deutschland sie verhindern
können67.
Insgesamt war es in der Steuerpolitik des Saargebiets zu einer fruchtbaren
Zusammenarbeit zwischen Regierung und Bevölkerung gekommen. Die Ge¬
sichtspunkte der Regierungskommission wie der Bevölkerung hatten in der
Gestaltung der Verhältnisse Geltung gefunden. Die Einführung der indirek¬
ten Steuern und der Schutz der saarländischen Industrie vor einer steuer¬
lichen Überbelastung waren Anliegen, die von der Regierungskommission
zur Sanierung des Staatshaushaltes, zur Anpassung an die Zollunion mit
Frankreich und zum Wohl des wirtschaftlichen Lebens an der Saar auch
gegen die Wünsche der Bevölkerung durchgesetzt worden waren. In der
sozialen Ausgestaltung des direkten Steuersystems und der Respektierung
der finanziellen Selbständigkeit der Gemeinden hatte man den Forderungen
des Landesrates entsprochen. So war besonders seit 1926 eine Gesamtord¬
nung entstanden, die sowohl die Interessen der Arbeiterschaft und der Mit¬
telschichten wie der Großindustrie berücksichtigte. Die fortschreitende Durch¬
dringung der Gesetzgebung mit sozialen Grundsätzen führte nie zu einer
höheren Besteuerung der oberen Schichten, sondern mündete bei einer star¬
ken Reduzierung der Steuerlast für untere und mittlere Einkommen in den
Spitzen wieder in die alten Ordnungen68. Die Haltung der Regierungskom¬
mission, die über den Parteien stand und die verschiedenen Gesichtspunkte
64 S.D.N. J.O. XIII,4 S. 965; Latz a. a. O., S. 237.
65 S.D.N. J.O. X,1 (1929), S. 179 ff.; X,6 S. 957; X,7 S. 2441; X,ll S. 1477, 1710, 2496;
XII,11 (1931), S. 2890.
66 Volksstimme Nr. 116 v. 21. 5. 1931 „Bei Curtius“; Volksstimme Nr. 45 v. 23. 2. 1932
„Entschließung zur Anleihe- und Arbeitsmarktpolitik“; A.A. II Bes. Geb. Saargebiet,
Bildung eines Saarausschusses, Bd. 1; II SG 1276, Aufzeichnung über die Sitzung des
Saarausschusses vom 1. Juli 1929, in der die Saarvertreter auch das Anleiheprojekt
vertreten hatten.
67 A.A. a. a. O., II SG 1809; Abschrift einer Aufzeichnung Friedbergs vom 26. 8. 1930;
die Gründe Deutschlands gegen die Anleihe waren folgende: 1. Die Anleihe sei erst
nach der Abstimmung zurückzuzahlen, belaste also das Deutsche Reich; 2. das mit der
Anleihe vorgesehene Investitionsprogramm greife einer deutschen Politik nach 1935
vor; 3. von Arbeitslosigkeit könne im Saargebiet noch kaum gesprochen werden;
4. die Steuern im Saargebiet lägen erheblich unter den deutschen; 5. mit den Anleihe¬
geldern erhielten französische Firmen Aufträge; die Anleihe unterstütze also nur die
Erfolge des Saarregimes und die französischen Hoffnungen auf die Saar.
68 Vgl. dazu die Darlegungen der Reg.-Kom. über die Einkommensteuer in der Reform
von 1929/30 S.D.N. J.O. XI,5 (1930), S. 475.
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