wurde durch eine Verordnung der Regierungskommission vom 24. Juni
192240 gewonnen. Die Regierungskommission übernahm vom 1. April 1922
an die Personallasten für die Berufsschulen und erklärte die Lehrer zu un¬
mittelbaren Staatsbeamten. Die Sachkosten mußten die Gemeinden tragen;
aus den Beiträgen der Arbeitgeber wurden besondere Fonds zur Unter¬
stützung von ärmeren Schülern und zur Beschaffung von Lehr- und Lern¬
mitteln für diese gebildet. 1924 wurden Gewerbelehrerkurse im Saargebiet
eingerichtet und die Ausbildung der Berufsschullehrer genau geregelt41. In
den folgenden Jahren entwickelten sich die Berufsschulen rasch. Sie glieder¬
ten sich in gewerbliche, hauswirtschaftliche, allgemeine und kaufmännische
Berufsschulen42. Besonders in der Stadt Saarbrücken stiegen die Schüler- und
Klassenzahlen stetig an. Hier wurden auch zentrale Berufsschulklassen für
die Umgebung geschaffen. Zur Lösung der Schwierigkeiten bei der Bereit¬
stellung der Schulräume kam es zu einem engen Zusammenwirken zwischen
Regierung und Stadt43. Der Ausbau dieses Schulwesens entsprach echten
Bedürfnissen und wurde durch Förderung und Unterstützung aller inter¬
essierten Kreise möglich. Obwohl die Berufsschulpflicht gesetzlich zunächst
nicht geregelt wurde, erlitt der Ausbau dadurch keine Einbuße.
Die Aktivität der Schulabteilung in der Berufsschulfrage blieb trotz der
allgemeinen Bejahung dieser Schulgattung nicht völlig unberührt vom Mi߬
trauen der Bevölkerung und der Parteien. Die Errichtung saarländischer
Ausbildungsstätten, die Abhängigkeit der Berufsschullehrer von der Regie¬
rung und die Tatsache, daß die Fortbildungsinstitutionen der Grubenver¬
waltung ebenfalls unter dieses Schulwesen fielen44, nährten teilweise die
Auffassung, daß die Regierungskommission mit diesen Schritten versuche,
die Jugend profranzösisch zu beeinflussen45. Zum Beleg wurde die Rede des
Abgeordneten Ferry vom Februar 1923 herangezogen, der im Zusammen¬
hang mit den Einflußmöglichkeiten Frankreichs über die Schulen im Saar¬
gebiet die Bedeutung der Fortbildungsschulen betont hatte46. Aus solchen
Interpretationen war eine gewisse Reserve gegenüber der gesetzlichen Rege¬
lung des Berufsschulwesens besonders bei der Deutsch-Saarländischen Volks¬
partei gegeben.
Im Jahre 1927 schritt die Regierungskommission schließlich zu der seit 1922
geplanten Gesetzgebung47. Ein Rahmengesetz für das Berufsschulwesen
wurde vorgelegt, das die Berufsschulpflicht bis zum 18. Lebensjahr festlegte.
40 Amtsblatt der Reg.-Kom. 1922, Nr. 366; S.D.N. J.O. III,8 (1922), S. 776; Zenner,
a. a. O., S. 246.
41 Amtsblatt der Reg.-Kom. 1924, Nrn. 166—170; S.D.N. J.O. IV,1 (1923), S. 105.
42 Die Regierungskommission gab mehrmals eine Übersicht über die Entwicklung, bes.
S.D.N. J.O. VII,3 (1926), S. 387, u. XII,9 (1931), S. 1788. Eine Darstellung der Ent¬
wicklung des Berufsschulwesens im Saargebiet enthält: E. Ney, Das Fach- und
Berufsschulwesen des Saargebietes. Würzburg 1936; einen Überblick über die Ent¬
wicklung der verschiedenen Berufsschulzweige in Saarbrücken enthält Zenner,
a. a. O., S. 246—251.
« S.D.N. J.O. IV,1 (1923), S. 105, u. VIII,6 (1927), S. 686; Zenner, a. a. O., S. 247.
44 S.D.N. J.O. IV,1 (1923), S. 105.
45 Landesrat d. Saargeb., Sten. Ber. v. 8. 7. 1927, S. 172.
46 Ebenda, S. 178 f.
42 S.D.N. J.O. VIII,6 (1927), S. 686.
108