65
4 Die Rahmenbedingungen der kommunalen Zusammenarbeit
4.1 Allgemeine rechtliche und strukturelle Rahmenbedingungen
Wie auf anderen Ebenen der grenzüberschreitenden Kooperation auch, stellt sich auf der kommuna¬
len Ebene das Problem der nur bedingten „Kompatibilität“ der Kooperationspartner. Unterschiedliche
Kompetenzbereiche, Divergenzen im Staatsaufbau und in der Verwaltungsorganisation sowie unter¬
schiedliche finanzielle Möglichkeiten erschweren das konstruktive Zusammenarbeiten selbst dann, wenn
der politische Wille hierzu beiderseits der Grenze vorhanden ist. Nicht zuletzt führen auch die z.T. sehr
unterschiedlichen Gemeindegrößen und die daraus resultierende Abweichung in der Ausstattung der
Gemeinden zu erheblichen Problemen in der partnerschaftlichen Zusammenarbeit. Letztgenanntes Pro¬
blem manifestiert sich im Saar-Lor-Lux-Raum in besonderer Weise, da wir es in Belgien, Deutschland
und Luxemburg mit relativ großen, fusionierten (Verbands-)Gemeinden zu tun haben, während in
Frankreich eine enstprechende Gebiets- und Verwaltungsreform bis heute ausblieb. So stehen die loth¬
ringischen Gemeinden mit einer durchschnittlichen Einwohnerzahl von 988 den ungleich größeren deut¬
schen Partnern mit 20.846 (Saarland) bzw. 16.912 Einwohnern (Rheinland-Pfalz) gegenüber (s. Kap.
4.9). Einzelaspekte wie die finanzielle und personelle Ausstattung der Gemeinden, ihre Kompetenzen
sowie die Rahmenbedingungen für die grenzüberschreitenden Aktivitäten werden in den nachfolgenden
Kapiteln eingehend beleuchtet.
4.2 Allgemeine politische Rahmenbedingungen
Die politische Entschlossenheit der nationalen wie regionalen Regierungen, Parlamente und Verwal¬
tungsstellen zur Intensivierung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit im Saar-Lor-Lux-Raum ist
unumstritten und wurde in den vorangehenden Kapiteln anhand der vielfältigen Aktivitäten (z.B. IPR,
Gipfel der Großregion etc.) dargestellt. Auch was die Kooperation der lokalen Gebietskörperschaften
angeht, so finden sich die Kommunen in einem grundsätzlich vorteilhaften politischen Klima wieder.
Dies unterstreichen die folgenden Beispiele:
• Die Präfektur der Region Lothringen konstatiert in ihrem Bilan de la coopération transfrontalière:
„Celles-ci [les communes] sont les premiers partenaires du dialogue transfrontalier au quotidien, ce¬
lui qui est proche du citoyen et de ses préoccupations“ (PRÉFECTURE DE LA RÉGION LORRAINE
1994:98). Als „espaces de solidarité transcendant les barrières nationales“ (a.a.O.:100) wird ihnen
eine besondere Bedeutung für den Integrationsprozeß eingeräumt. Die Region Lothringen (Conseil
Régional) unterstützt lokale grenzüberschreitende Projekte durch finanzielle Zuwendungen, die bis
zu 50% der Gesamtkosten betragen können (RÉGION LORRAINE 1994:254ff.).
• Das Luxemburgische Ministerium für Raumordnung betrachtet es im Rahmen der Schaffung einer
einheitlichen Struktur für die Saar-Lor-Lux-Kooperation als unabdingbar, die kommunale Ebene zu
beteiligen: „il est essentiel d'associer le secteur communal“ (MAT 1996:127).
• Die geographische Lage von Rheinland- Pfalz verpflichtet „zur nachbarschaftlichen Zusammenarbeit
auf kommunaler Ebene. Deshalb ist für die rheinland-pfälzische Landesregierung die Kooperation
von Gemeinden und Gemeindeverbänden ein wichtiges Feld für grenzüberschreitende Aktivitäten“
(Staatskanzlei Rheinland-Pfalz 1996:1). Daher wird der kommunale Bereich auch als eine
tragende Säule im sogenannten „4-Säulen-Modell“ für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit
des Landes bezeichnet (EISENHAMMER 1993). Ministerpräsident Kurt BECK begrüßt alle Bemühun¬
gen, die kommunale Zusammenarbeit im Grenzraum zu intensivieren: „Sie sollte sich kleinräumig
organisieren, um die typisch kommunalen Probleme wie Bauleitplanung, Wasserversorgung, Ab¬
fallwirtschaft oder öffentlichen Personennahverkehr lösen zu können“ (Vis-À-Vis 3/4 1995:30).