Full text: Interkommunale Zusammenarbeit im Saar-Lor-Lux-Raum

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3 Der Saar-Lor-Lux-Raum 
Die Bezeichnung geht zurück auf Hubertus ROLSHOVEN, der Ende der 60er Jahre mit Saar-Lor-Lux 
einen griffigen Namen für das sogenannte „Montandreieck“, d.h. den vom Steinkohlen- und Eisenerz¬ 
bergbau sowie von der Eisen- und Stahlindustrie geprägten Raum Saarland-Lothringen-Luxemburg, 
schaffen wollte (ROLSHOVEN 1974). Der Begriff hat ob seines Wiedererkennungswertes und dank einer 
sehr weiten Verbreitung in den Medien Eingang in die Alltagssprache der Region gefunden. Trotz der 
von ROLSHOVEN betonten kulturellen, wirtschaftlichen und strukturellen Gemeinsamkeiten bleibt Saar- 
Lor-Lux auch heute noch ein sehr heterogener Raum, in dem die an Bedeutung verlierenden Staatsgren¬ 
zen noch sehr präsent bleiben - zumindest in den Köpfen der Bevölkerung (vgl. RIEDEL 1994). Dies 
verwundert nicht angesichts der Tatsache, daß die Region in den letzten zwei Jahrhunderten die labilsten 
Grenzen Westeuropas aufzuweisen hatte. Der deutsch-französische Krieg (1870/71) und die beiden 
Weltkriege haben ihr eine sehr leidvolle Geschichte beschert; den politischen Katastrophen folgten wirt¬ 
schaftliche Wechselbäder im Bergbau und der Eisen- und Stahlindustrie (vgl. BRÜCHER 1987, 1994; 
REITEL 1980, 1989; SCHMIT 1989). 
Somit wurde die Wortschöpfung Saar-Lor-Lux auch zum Symbol der Hoffnung für eine Schicksals¬ 
gemeinschaft peripherer, wirtschaftlich schwacher Grenzräume, die in einem heranwachsenden „Europa 
der Regionen“ eine neue Identität und eine bessere Zukunft suchen. Die wachsende internationale Kon¬ 
kurrenz und die immer stärkere Konzentration wirtschaftlicher Dynamik auf die großen europäischen 
Ballungsräume haben die Notwendigkeit einer Konzertation in den letzten Jahren eindrucksvoll unter¬ 
strichen und die entsprechenden politischen Initiativen beschleunigt. Hinzu kommt das Bewußtsein um 
einen steigenden Bedarf an grenzüberschreitender Abstimmung in Fragen der Raumordnung, des Um¬ 
weltschutzes, der Verkehrsinffastruktur, der Energieversorgung etc.. Diese Notwendigkeit spiegelt sich 
in der Vielzahl von Initiativen im privaten wie im Öffentlichen Bereich wider, die sich seit Beginn der 
siebziger Jahre entwickelt haben: Staatliche Stellen, regionale Exekutiven, Parlamente, Kammern, Wirt¬ 
schaftsverbände, Gewerkschaften, Hochschulen, sportliche und kulturelle Vereinigungen arbeiten in 
zunehmend institutionalisierter Form grenzüberschreitend zusammen (s. auch AUTEXIER 1993; MOLL 
1992, 1994; PRÉFECTURE DE LA RÉGION LORRAINE 1994; MAT 1996). Die für die Raumentwicklung 
womöglich wichtigsten Gremien der Kooperation, die Regionalkommission Saar-Lor-Lux-Trier- 
Westpfalz, der Interregionale Parlamentarierrat (IPR) sowie die Zusammenarbeit der Exekutiven im 
noch „jungen“ Gipfel der Großregion werden in Kap. 3.2 näher vorgestellt. 
Die Entwicklung der grenzüberschreitenden Kooperation in Saar-Lor-Lux nahm jedoch keinen konti¬ 
nuierlichen Verlauf, sondern war insbesondere in den achtziger Jahren auch von Phasen der Desillusio¬ 
nierung oder gar Paralysierung gekennzeichnet. Höhepunkt dieser Stagnations- bzw. Resignationsphase 
war sicherlich die Belastung der deutsch-französischen und der französisch-luxemburgischen Beziehun¬ 
gen durch den umstrittenen Bau des Kernkraftwerks Cattenom an der französischen Obermosel 
(„dialogue de sourds“). „Erst zwischen 1988 und 1990 sowie verstärkt zu Beginn der 90er Jahre wurden 
die Lähmungserscheinungen in der grenzübergreifenden Zusammenarbeit überwunden, die spätestens 
seit Ende der 70er Jahre bestanden hatten“ (HALMES 1995:936). Derselbe Autor sieht drei Gründe für 
diesen neuerlichen Entwicklungsschub, nämlich die französische Dezentralisierung (seit 1982) und die 
damit verbundene erste Direktwahl eines lothringischen Regionalrats im Jahre 1986 (s. Kap. 4.5.1), die 
Vollendung des EG-Binnenmarktes sowie die nicht unerheblichen europäischen Finanzmittel zur Förde¬ 
rung der grenzüberschreitenden Kooperation (a,a.O.). 
3.1 Probleme der räumlichen Abgrenzung 
Die heutige Vielzahl von Aktivitätsbereichen erfüllen den Begriff Saar-Lor-Lux zweifelsohne mit 
Leben. Jacques SANTER, Präsident der Europäischen Kommission, bezeichnete Saar-Lor-Lux gar als 
„einzige wirkliche europäische Kemregion“ (FAZ v. 7.12.1996). Dies darf jedoch nicht darüber hinweg¬ 
täuschen, daß es bis dato nicht gelang, eine einheitliche räumliche Definition des Saar-Lor-Lux-Raumes
	        
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