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wird deshalb über eine Konzentration der Mittel auf etwa 35 % der EU-Bevölkerung nachgedacht
(WÄCHTER 1997).
Ein Bericht der Europäischen Kommission zur Reform der Strukturfonds betont, daß sich das Prin¬
zip der Komplementärfinanzierung durch die Mitgliedstaaten in der Praxis weitestgehend bewähren
konnte. Besondere Erwähnung findet hier, daß die europäischen Finanzhilfen nicht etwa zu einer Minde¬
rung des nationalen Engagements in der Strukturpolitik führten, sondern es vielfach deutlich erhöhten.
So lagen etwa Frankreichs jährliche strukturelle Investitionen im Zeitraum 1989-1991 (erste Phase der
Strukturfonds) um 42 % höher als im Zeitraum 1984-1988 (COMMISSION EUROPÉENNE 1994:66f.).
Im Bereich der Strukturfonds ist durch die Reform von 1988 die Beteiligung der Kommunen recht¬
lich abgesichert worden: „Es soll ein ‘so weit wie möglich dezentralisierter Ansatz bei der Verwendung
der Mittel’ praktiziert werden. Allerdings ist zumindest in der BRD - trotz ihrer vergleichsweise starken
kommunalen Selbstverwaltung - diese Mitwirkungschance bisher nicht ausgeschöpft worden. Auch hier
streben die regionalen Gebietskörperschaften dahin, die Kommunen aus diesem Dezentraüsierungs- und
Partnerschaftsmodell hinauszudrängen. Man muß aber auch zugestehen, daß die europäischen Kommu¬
nen sich nicht entschieden genug für eine starke Beteiligung [...] eingesetzt haben“ (DERENBACH
1993:88). Derselbe Autor konstatiert „erhebliche Unterschiede in der Mitwirkungsbereitschaft der Ge¬
bietskörperschaften“, wobei in Deutschland Kommunen weit seltener als Antragstellerinnen auftreten
als in anderen Mitgliedstaaten (a.a.O.).
2.2.3.2 Die Gemeinschaftsinitiative INTERREG
Die Gemeinschaftsinitiative INTERREG dient als erstes europäisches Programm der Förderung der
regionalen und lokalen grenzüberschreitenden Zusammenarbeit an den Binnen- und Außengrenzen17 der
EU. Sie zielt unter anderem darauf ab,
• „die Gebiete an den Binnen- wie auch an den Außengrenzen der Europäischen Union bei der Bewäl¬
tigung besonderer Entwicklungsprobleme infolge ihrer relativen Isolierung innerhalb der nationalen
Volkswirtschaften und der Europäischen Union insgesamt im Interesse der lokalen Bevölkerung und
in einer mit dem Umweltschutz zu vereinbarenden Weise zu unterstützen;
• die Einrichtung und den Ausbau von Kooperationsnetzen über die Binnengrenzen hinweg und gege¬
benenfalls die Verknüpfung dieser Netze mit umfassenderen Gemeinschaftsnetzen im Kontext der
Vollendung des Binnenmarktes von 1992 zu fördern [...]“ (EUROPÄISCHE KOMMISSION 1994a:60).
Die Europäische Kommission, die - zur Förderung der Kohärenz innerhalb und an den Rändern der
EU - stets die Zusammenarbeit zwischen Gebietskörperschaften befürwortet, ist im Falle von
INTERREG „sogar vollkommen davon überzeugt, daß diese Vorrang hat“ (KLEIN 1995:50). Die Initia¬
tive hat nach MICHEL (1994:182) einen direkten Einfluß auf die Raumstruktur und dient der Schaffung
grenzüberschreitender Gebietseinheiten: „[...] un impact direct sur l'organisation de l'espace, de débou¬
cher sur la création d'un territoire transfrontalier“.
Vor der Einrichtung dieser Gemeinschaftsinitiative im Jahre 1990 wurden nur in sehr geringem Um¬
fang Gemeinschaftsmittel für Aktivitäten im Bereich der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit einge¬
setzt. INTERREG II, die Fortschreibung der Initiative für den Zeitraum 1994-1999, trägt mit einem
Umfang von 2,9 Mrd. ECU aus Gemeinschaftsmitteln dem Erfolg und dem Zuspruch des ersten
INTERREG-Programms Rechnung. Die Nachfrage nach Förderung durch INTERREG I überstieg die
verfügbaren Mittel von 800 Mio. ECU um 35 % (KLEIN 1995:50).
17 Im Zusammenhang mit den Transformationsprozessen in Osteuropa sowie einer anstehenden
Osterweiterung der EU konstatiert Klein (1995:49) einen Bedeutungszuwachs der Außengrenzen in der
Förderpolitik der EU: „Diese Grenzen haben bei der Initiative gleiche, wenn nicht sogar höhere Bedeutung
erreicht als die Binnengrenzen“.