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Dabei spielt die Kooperation auf der regionalen Mesoebene, wie sie etwa von Regionalkommissionen,
Parlamentarierräten und ähnlichen Gremien getragen wird, ebenso eine gewichtige Rolle wie die nationa¬
le und die europäische Ebene, die insbesondere die politischen, rechtlichen und finanziellen Rahmenbe¬
dingungen für die lokale Zusammenarbeit bestimmen.
„Im Gegensatz zur ‘großen’ Außenpolitik [...] verfolgen die Träger der lokalen grenz¬
überschreitenden Zusammenarbeit selbst keine rivalisierenden Souveränitätsinteressen, sondern aus¬
schließlich ihnen eigene grenznachbarliche Gemeinschaftsinteressen. Von solchen dezentralen Außen¬
beziehungen können damit beachtliche Intégrationskräfte ausgehen.“ (BEYERLIN 1988:32). Sie können
daher zu Versuchsfeldern bzw. Keimzellen der Kooperation in Europa werden, deren Erfahrungen auf
größere Räume übertragbar sein können: „The border areas are [...] providing the solutions to success-
ful territorial intégration which may be applicable to larger areas“ (EUROPÄISCHE KOMMISSION
1995b:39).
Inwieweit die kommunale grenzüberschreitende Zusammenarbeit tatsächlich als einer der „Motoren“
der europäischen Integration gelten kann, soll anhand der empirischen Analyse der Kooperation im
Grenzraum Saar-Lor-Lux untersucht werden. Zwar zählt dieser zu den „älteren“ und bereits aus vielen
Perspektiven bearbeiteten Grenzräumen in Europa (s. Kap. 3), unterüegt aber, wie viele seiner Pen¬
dants, einem rezenten Entwicklungsschub. Dieser steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Reali¬
sierung des Europäischen Binnenmarktes, der Erweiterung europäischer Förderprogramme für die
grenzüberschreitende Kooperation sowie der Verbesserung der rechtlichen Grundlagen für die Zusam¬
menarbeit. Insbesondere auf der lokalen Ebene „sind verstärkte Anstrengungen zur Verbesserung der
grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zu registrieren“ (SCHABHÜSER 1993:663).
Bevor der Saar-Lor-Lux-Raum näher vorgestellt wird, erscheint ein Bück auf die Entwicklung der
grenzüberschreitenden Zusammenarbeit in Europa ebenso wichtig wie ein Exkurs über andere, ver¬
gleichbare Grenzräume an den deutschen Außengrenzen (Kap. 2). Neben der Geschichte und dem fort¬
während existierenden Abgrenzungsproblem des Saar-Lor-Lux-Raumes (Kap. 3) ist zum besseren Ver¬
ständnis des empirischen Teils eine Beschäftigung mit den poütischen, strukturellen, rechtüchen und
finanziellen Rahmenbedingungen für die Gemeinden in den nationalen Teilräumen unabdingbar (Kap.
4). Basierend auf dem raumordnerischen Leitbild der Städtenetze (s. Kap. 1.2.2) wird ein Arbeitsmodell
für den Saar-Lor-Lux-Raum entwickelt, das letztendüch zur Abgrenzung und Auswahl der zu untersu¬
chenden Fallbeispiele dient. Folgende Teilgrenzräume werden näher betrachtet: Die sogenannte Ag¬
glomération Transfrontalière du Pôle Européen de Développement (PED) im belgisch-ffanzösisch-
luxemburgischen Dreiländereck, das Europäische Tal der Mosel im deutsch-französisch¬
luxemburgischen Grenzraum sowie der das südüche Saarland und den Bereich Moselle-Est umfassende
Saar-Rosselle-Raum (s. Kap. 3.3). Anhand dieser Teilgrenzräume (Kap. 5-7) wird eine vergleichende
Analyse der kommunalen grenzüberschreitenden Aktivitäten unternommen (Kap. 8), die über eine Stär-
ken-Schwächen-Analyse in eine konkrete Überprüfung des Städtenetz-Paradigmas mündet (Kap. 9).
Kapitel 10 faßt die Ergebnisse zusammen und wagt einen kritischen Ausblick, der Perspektiven und
Defizite der derzeitigen Situation formuliert (s. auch Methodik in Kap. 1.4).
1.2 Begriffsdefinitionen
Von den nachstehenden Definitionen bleibt der Begriff Städtenetz zunächst ausgenommen, da er in
Kapitel 1.3.2 ausführlich diskutiert wird. Im Vorgriff auf die Diskussion des Saar-Lor-Lux-Begriffs in
Kapitel 3 erscheinen zunächst folgende Anmerkungen sinnvoll:
Die Verwendung des Begriffs Region oder gar grenzüberschreitende Region erscheint auch im Falle
des hier zu behandelnden Untersuchungsraumes problematisch. Ohne näher auf die diszipfingeschichtli-
che Auseinandersetzung mit dem Regionsbegriff (vgl. u.a. die Arbeiten von BLOTEVOGEL, HEINRITZ &
POPP (1991), SEDLACEK (1978) und WEICHHART (1990) eingehen zu wollen, seien folgende Einschrän¬
kungen erlaubt: Der Begriff Saar-Lor-Lux-ftegn?« erscheint nicht zuletzt deshalb problematisch, weil
bis heute keine allgemeingültige Definition bzw. räumliche Abgrenzung dieses Raumes gelang (s. Kap.