Full text: Interkommunale Zusammenarbeit im Saar-Lor-Lux-Raum

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9 Diskussion 
Die nachfolgende Diskussion hat zum Ziel, die angesprochenen Kooperationsformen sowie ihre ak¬ 
tuellen Probleme im Hinblick auf eine Überprüfung des eingangs postulierten Städtenetz-Paradigmas für 
Grenzräume zu analysieren. Sie leitet über zu einem Fazit, das auch die Perspektiven der drei Teilräume 
zu skizzieren versucht. Zunächst sei jedoch folgender Hinweis erlaubt: Von den drei untersuchten Fall¬ 
beispielen stellt lediglich die Agglomération Transfrontalière du PED ein räumlich geschlossenes Ge¬ 
füge dar, während es sich bei den beiden anderen um großräumigere Untersuchungsgebiete handelt, in 
denen sich unterschiedliche, aber keine flächendeckenden Kooperationsstrukturen entwickelt haben. Da 
letztere jedoch im Mittelpunkt der nachfolgenden Betrachtungen stehen werden, wird sich die Diskussi¬ 
on im Falle des Moseltals auf die Institution des Bürgermeistertreffens im Dreiländereck konzentrieren 
und im Saar-Rosselle-Raum im wesentlichen den Bereich der Interkommunalen Arbeitsgemeinschaft 
behandeln. 
Knüpft man an die in Kapitel 1 vorgeschlagene genetische Typisierung von Städtenetzen an, so läßt 
sich zunächst konstatieren, daß es sich bei allen drei betrachteten Fällen um endogen induzierte Koope¬ 
rationsformen handelt. Lediglich im Falle der Agglomération Transfrontalière du PED stellt das auf 
staatlicher Initiative beruhende Vorläuferprojekt eine exogene Kreation dar, die später Basis einer loka¬ 
len, endogenen Weiterentwicklung wurde. Somit ist in allen Fallbeispielen eine wesentliche Grundvor¬ 
aussetzung für die Etablierung funktionierender Städtenetze gegeben: die Freiwilligkeit der beteiligten 
Akteure. Auch die anzustrebende Gleichberechtigung der Partner scheint, sieht man von den wenigen 
vorgenannten Einschränkungen ab, prinzipiell gewährleistet. Ebenso erweckt die Themenfülle bei Au¬ 
ßenstehenden zunächst den Eindruck einer bereits fortgeschrittenen Vernetzung. Dennoch erscheint es 
womöglich unangemessen, von der Existenz lokaler grenzüberschreitender Städtenetze zu sprechen. 
Legt man diesen Betrachtungen die sehr normative Definition von ADAM (1994a: 1) zugrunde, wo¬ 
nach sich Städtenetze dadurch auszeichnen, daß ihre Elemente in intensiveren Austauschbeziehungen 
zueinander stehen als zu Elementen außerhalb dieser Netze, so drängt sich zunächst folgende definitori- 
sche Einschränkung auf: Im grenzüberschreitenden Rahmen ist auch an den Binnengrenzen der EU mit¬ 
tel- bis langfristig nicht zu erwarten, daß sich Städte im Zuge der Kooperation in Netzwerken derart aus 
den bestehenden nationalen Verwaltungsstrukturen und Beziehungsgeflechten lösen können, daß die 
Kriterien Adams in allen kommunalen Zuständigkeitsbereichen erfüllt werden könnten. Dies gilt im 
übrigen auch für die Mehrzahl der Städtenetze im nationalen Rahmen. Somit ist es sinnvoll, die Defini¬ 
tion sektoral, d.h. themenbezogen anzuwenden. Ohnehin scheint die Mehrzahl der in Kap. 1 angespro¬ 
chenen Definitionsversuche und Beispiele auf einem sehr sektoralen Begriffs Verständnis zu beruhen. 
In den untersuchten Fallbeispielen lassen sich somit Sektoren ausmachen, wo die grenzübergreifen- 
den Relationen zwischen den Partnern stärker sind als zu den umliegenden kommunalen Gebietskörper¬ 
schaften. Insbesondere sind hier folgende Bereiche zu erwähnen: Die Delegation verschiedenster kom¬ 
munaler Aufgaben an das Observatoire de l'Urbanisme sowie das Übereinkommen über eine gemein¬ 
same Vorgehensweise im Rahmen der Siedlungsentwicklung der Agglomération Transfrontalière du 
PED führt dort zu einer deutlichen Abgrenzung von dem nicht beteiligten Umland. Die hier partizipie¬ 
renden Gemeinden stehen aufgrund ihrer Mitgliedschaft in der Association Transfrontalière und den 
dortigen regelmäßigen Beratungen in deutlich engerer Beziehung zu ihren Partnern jenseits der Grenze 
als zu den benachbarten Kommunen des eigenen Landes - zumindest in den betreffenden Themenberei¬ 
chen. Dies verdeutlichen auch die auf französischer wie auf luxemburgischer Seite entstehenden bzw. 
entstandenen interkommunalen Strukturen (s. geplanter Distrikt Longwy sowie Gemeindeverband 
SIKOR). 
Das Bürgermeistertreffen im Europäischen Tal der Mosel hat mit der gemeinsamen Tourismusför¬ 
derung einen Sektor besetzt, der die beteiligten Kommunen von ihrem Umland abgrenzt. Diese Koope¬ 
ration wird jedoch, wie gezeigt, auch überlagert von den Aktivitäten der Ronde des Trois Frontières, die 
man zwar als Netzwerk, aber aufgrund ihrer Zusammensetzung und losen Arbeitsweise nicht als eta¬
	        
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