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Die Proteste der Anwohner und verschiedener - deutscher wie französischer - Umweltgruppen und
daraus resultierender Druck der Kommunalpolitik auf die emittierenden Unternehmen und die staatli¬
chen Aufsichtsbehörden führten zu schrittweisen Verbesserungen der Situation (u.a. durch Bau mehre¬
rer Käranlagen (1985-1987) sowie Schließung der Kokerei Marienau im Jahre 1987, vgl. CLAUDEL et
al. 1995). Im Jahre 1985 strengte der SVS eine Klage vor dem Verwaltungsgericht in Straßburg wegen
unzulässiger Einleitungen in die Rossel an, der sich die Gemeinden Großrosseln und Völklingen an¬
schlossen. Die anschließenden langjährigen Gerichtsverhandlungen mündeten in einen außergerichtli¬
chen Vergleich. Dieser wurde möglich durch das sogenannte „Rosselabkommen“, das 1993 von der
Gemeinde Großrosseln, der Mittelstadt Völklingen, dem Stadtverband Saarbrücken sowie den Industrie¬
unternehmen Elf Atochem, PROTELOR (beide Chemie-Plattform Carling) und den staatlichen Berg¬
baubetrieben HBL° unterzeichnet wurde. Hierin verpflichteten sich die französischen Firmen, bis Ende
1996 Maßnahmen zur Verbesserung der Abwasserqualität mit einem Investiüonsumfang von etwa 300
Mio. FF umzusetzen. Mittelfristig sollen ähnliche Vereinbarungen für den Bereich der Luftreinhaltung
getroffen werden (SVS 1997:26; PRÉFECTURE DE LA RÉGION LORRAINE 1994:XIII). Das Abkommen
dürfte in seinem Inhalt, vor allem aber in seiner Konstellation - deutsche kommunale Gebietskörper¬
schaften als Vertragspartner französischer (z.T. staatlicher) Unternehmen - in Europa einmalig sein.
Ein weiteres Problem im deutschen Teil des Rosseltals sind die bereits erwähnten Bergsenkungen, die
den Talboden stellenweise bis zu 9 m absacken ließen. Um einen ungehinderten Abfluß der Rossel zur
Saar zu gewährleisten, wurde hier eine künstliche Erhöhung des Flußbetts notwendig. Dieser
„Sanierungs“-arbeiten haben sich die Saarbergwerke, der Verursacher der Bergsenkungen, angenom¬
men76 77. Unter Einsatz von Waschberge, dem Abfallprodukt der maschinellen Steinkohlenförderung, wird
derzeit ein neuer Talboden „modelliert“, der ein gleichmäßiges Gefälle bis zur Saar und einen weitge¬
hend ungehinderten Hochwasserabfluß ermöglichen soll. Unter anderem im Zuge dieser
„Neugestaltung“ der Landschaft haben der Stadtverbandstag und der Conseil Général des Departement
Moselle den Entschluß gefaßt, ein Projekt namens Landsehaftspark Rosseltal zu lancieren. Hierzu soll
ein Fonds eingerichtet werden, der entsprechende landschaftspflegerische Projekte der Gemeinden im
Rosseltal unterstützt. Bisher wurde die Vergabe einer Machbarkeitsstudie vorbereitet, die mit 100.000
ECU von der EU bezuschußt wird.
7.4.1.2 Kommunale Bauleitplanung
Im Rahmen seiner Flächennutzungsplanung beteiligt der SVS seit den siebziger Jahren die lothringi¬
schen Grenzgemeinden und Gemeindeverbände an der Anhörung. 1993 wurde erstmals auch modellhaft
eine Bürgeranhörung in den Städten Forbach und Sarreguemines durchgeführt. Im Gegenzug stimmte
die Stadt Sarreguemines ihren POS mit dem Planungsrat des Stadtverbandes ab. Darüber hinaus erfolgt
eine immer stärkere Kooperation im Bereich der Aufbereitung planungsrelevanter Grundlagendaten. In
diesem Zusammenhang ist die sogenannte Klima-Carte als erstes grenzüberschreitendes Vorhaben zu
nennen. Hierbei handelte es sich um ein gemeinsames Projekt des Stadtverbandes Saarbrücken und der
Städte Forbach, Freyming-Merlebach und Sarreguemines. Auf der Basis einer 1992 erfolgten Thermal-
befliegung des Stadtverbandes und angrenzender Gebiete entstand 1994 eine „Klimatopkarte“, die lo¬
kalklimatische Belastungsräume und Kaltluftentstehungsgebiete sowie die Transportbahnen für die ent¬
standene „Frischluft“ aufzeigt und damit wesentliche Anhaltspunkte für eine sinnvolle Siedlungs- und
Landschaftsplanung liefert. Dieses Projekt wurde vom Bund und vom Saarland gefördert sowie von den
beteiligten französischen Kommunen finanziell unterstützt (SVS 1997:26).
76 = Houillères du Bassin Lorrain
77 Bis zur Jahr tausend wende sollen hier - nach Untemehmensangaben - etwa 60 Mio. DM „verbaut“ werden
(Saarbrücker Zeitung v. 14.12.1994). Von dieser Summe müßte der Betrag in Abzug gebracht werden, der
durch die kostengünstige „Entsorgung“ des Bergematerials durch Verfüllung der Rosselaue eingespart
werden kann.