Full text: Das Mainzer Zunftwesen und die französische Herrschaft

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mit der katholischen Kirche. So folgerte das tiefgläubige 
katholische Volk und veranlasste die fränkischen Machthaber 
am 18. Februar zu einer Aenderung der Eidesformel. Sie er¬ 
hielt nun den Wortlaut: „Ich NN. entsage allen Privilegien und 
schwöre den Grundsätzen der Freiheit und Gleichheit treu 
zu sein.“207) 
c) Auflösung der Zünfte. 
Bisher hatte sich die Mainzer Bürgerschaft den Verord¬ 
nungen des Generals und der Kommissare gegenüber passiv 
verhalten. Doch die Nähe des Wahltages zwang zu aktivem 
Vorgehen. In Versammlungen und Eingaben protestierten die 
durch gemeinsame Not geeinten Mainzer Bürger gegen die 
drohende Vergewaltigung. Die Zeit vom 19. bis 25. Februar 
1793 waren Tage voll dramatischer Wucht und Grösse, Tage 
der Bekenntnisfreudigkeit, die vor nichts, selbst vor den frän¬ 
kischen Bajonetten nicht zurückschreckte. 
Am 19. Februar208) versammelten sich die Zünfte, und 
es wurde der Beschluss gefasst, dass kein Deutscher in den 
Ur-Versammlungen erscheinen sollte. Gleichzeitig wurde be¬ 
schlossen, die Gründe der Eidesverweigerung schriftlich nieder¬ 
zulegen und der Verwaltung und den Kommissaren zu über¬ 
geben. Über den Verlauf dieser Versammlung ist leider kein 
Protokoll vorhanden. Doch ist anzunehmen, dass die Geistlich¬ 
keit und der Handelsstand auf die Stellungnahme der Zünfte 
entscheidend eingewirkt haben. 
Die Eingaben der Zünfte und des Handelsstandes wurden 
am 20. Februar überreicht. Am gleichen Tage wurden auch 
die Vorstellungen der Geistlichen und des Gerichtspersonals 
übergeben. Leider sind jedoch diese für die Mainzer Zunft¬ 
geschichte so wertvollen Schriftstücke nur bis auf wenige Aus¬ 
nahmen erhalten.209) Bockenheimer teilt in den seinem Buche 
„Die Mainzer Klubisten der Jahre 1792 und 1793“ beigefügten 
Anmerkungen und Belegen die von ihm in dem Mainzer Stadt¬ 
archiv gefundenen Zunfterklärungen erstmalig mit.210) Bekannt 
sind die Vorstellungen der Handlungs- und Krämerzunft, der 
207) Klein: Geschichte S. 398 ff. 
2n8) Dumont: Belagerung; S. 119 ff. Klein: Geschichte S. 400 ff. 
20B) Nach der Einnahme von Mainz durch die Deutschen beabsichtigte 
man sämtliche Vorstellungen zu veröffentlichen. Doch das Vorhaben schei¬ 
terte, denn die einzelnen Erklärungen waren nicht mehr aufzufinden. Und 
so heisst es in dem Vorwort zu der „Erklärung einiger Mainzer Dikaste- 
rianten usw.”: „Interessant wäre es gewesen, wenn sämmtliche Vorstellungen, 
welche gegen diesen schrecklichen Zwang übergeben worden, in der näm¬ 
lichen Sammlung hätten erscheinen können. Alle Mühe, sie zu erhalten, 
war vergeblich.” vgl. dazu Klein: Geschichte S. 402 Anm. 16. 
21°) Bockenheimer: Die Mainzer Klubisten S. 342 ff.
	        
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