Full text: Das Mainzer Zunftwesen und die französische Herrschaft

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ihnen die Aufnahme als Bürger verweigert worden, weil sie 
nicht katholisch waren, oder weil sie nicht genügend Geldmittel 
zur Erwerbung der Bürgereigenschaft besassen.36) 
b) Die Zünfte unter kurfürstlich-städtischer Verwaltung. 
Die Mainzer Zünfte des 18. Jahrhunderts unterschieden 
sich wesentlich von denen des Mittelalters. Es fehlte ihnen 
ein für diese charakteristisches Merkmal: die Autonomie, in 
der Autonomie das Wesen der Zunft erblicken zu wollen wäre 
falsch und entspräche nicht den Tatsachen. Es haben sich 
vielmehr im Laufe der Zeit mehrere Zunfttypen herausgebildet, 
die sich nacheinander ablösten. Ihren Höhepunkt erreichte die 
Zunftentwicklung in der Zunftform des Mittelalters. Wenn die 
Zünfte „als autonome Körperschaften der Handwerker zur 
Wahrung der gemeinsamen gewerblichen Interessen, denen 
die Gewerbepolizei und die Gewerbegerichtsbarkeit über¬ 
tragen war“,37) definiert werden, so wird damit diese Ideal¬ 
form des Mittelalters bezeichnet. Diese Begriffsbestimmung 
darf jedoch keine Anwendung auf die in den späteren Jahr¬ 
hunderten entstandenen Formen finden. 
Ein kurzer geschichtlicher Rückblick möge die Entwick¬ 
lung der Zunftform in Mainz darlegen: Im 12. und 13. Jahr¬ 
hundert regierten in Mainz die Geschlechter. Die in den 
Zünften vereinigten Bürger verlangten jedoch ebenfalls Auf¬ 
nahme in den Stadtrat und Teilnahme am Stadtregiment. Von 
den Geschlechtern wurde diese Forderung abgelehnt, und so 
erzwangen die Bürger mit Gewalt die Gleichberechtigung. 
Durch den von sämtlichen Zünften und Handwerkern be¬ 
stätigten und Unterzeichneten „Friedebrief“ vom 24. November 
133238) wurde dem „alten Rat von 29 Mitgliedern“ ein neuer 
„von Gemeinde wegen“ mit ebensovielen Mitgliedern an 
die Seite gestellt. Beide bildeten von nun an „den ganzen 
Rat“. Ausserdem wurde bestimmt, dass in Zukunft alle Rats¬ 
ämter zur Hälfte von der einen und zur Hälfte von der anderen 
Seite bestellt werden sollten. 
Nach Einnahme der freien Reichsstadt Mainz durch den 
Erzbischof Adolf von Nassau am 28. Oktober 1462 wurde dem 
Handwerkerrat, dessen Unentschlossenheit viel zum Verderben 
beigetragen hatte, seine wohlverbrieften Rechte genommen. 
Die Zünfte wurden aufgelöst. Nach kurzer Zeit erstanden sie 
36) Schrohe: Die Stadt Mainz unter Kurfürstlicher Verwaltung 
(1462—1792) S. 171. 
37) Kaizl: Der Kampf um Gewerbereform und Gewerbefreiheit in 
Bayern 1799—1868 S. 4. 
3S) Hartleb: Geschichte von Mainz und Umgegend S. 43 ff.
	        
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