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seiner Entfaltungsmöglichkeit gehemmt. Schuld daran war
der durch „Zoll- und Stapelgerechtigkeiten“ mannigfachster
Art eng gebundene Verkehr. Am Rhein zählte man damals
von Strassburg bis zur niederländischen Grenze nicht weniger
als 29 Zollstätten, darunter 4 kurmainzische. An diesen mussten
die Schiffe zwecks Zollabfertigung anlegen, wodurch die
Frachtkosten erheblich verteuert wurden. Die Folge davon
war, dass ein grosser Teil des holländischen Handels den Land¬
weg einschlug und seinen Weg nicht über Mainz, sondern
über Frankfurt nahm. So war der Rhein im 18. Jahrhundert
für den Handel fast bedeutungslos. Die Weser und noch mehr
die Elbe vermittelten den Handel zwischen der Nordsee und
dem inneren Deutschlands.18) Aus diesen Gründen verschwand
im Gegensatz zu dem Frankfurter Eigenhandel der Mainzer
fast vollkommen. Der einzige Handelszweig, mit dem sich der
Mainzer Kaufmann des 18. Jahrhunderts befasste, war das
Weingeschäft. Jährlich wurden an 1000 Stück Wein von Mainz
nach Holland, dem Hauptabsatzgebiete, gesandt. In etwas
grösserer Blüte stand der Speditionshandel, der aber auch von
dem Frankfurter weit übertroffen wurde.19)
Der Gewerbeausübung waren in Mainz Keinerlei Schran¬
ken gesetzt, und so entstand auf Grund der gegebenen Bedin¬
gungen ein wohlhabender Handwerkerstand. Auch die Urteile
der Zeitgenossen lauten dahin.
Über die Mainzer Verhältnisse unter der Regierung des
Kurfürsten Friedrich Karl Joseph schreibt Daniel Dumont: „Der
Reiz der schönsten Aussicht, die vielfältigen Ergötzungen, die
Erneuerung der hohen Schule, die Anstalten für die Erziehung
der Jugend, die Beförderung der Künste und Wissenschaften
sind sein Werk, lockten zahlreiche Fremde in die Stadt, brach¬
ten ihr Reichthum und Überfluss, und verschafften dem ohne¬
hin durch geringe Abgaben erleichterten Bürger Nahrung und
Verdienst.“20)
Niklas Vogt schildert in seinen „Rheinischen Geschichten
und Sagen“21) die damaligen Handwerkerverhältnisse wie
folgt: „Die Reichthümer des Adels und der Geistlichkeit er¬
munterten die Betriebsamkeit der Handwerker, und die Be¬
lohnungen der Fürsten belebten die Werkstätte der Künstler.
Wie das schöne, blühende Land die Landschaftsmaler beschäf¬
tigte, so die Palläste und Gärten der Fürsten und Adeligen
die Bildhauer, die Baumeister und die Geschichtsmaler.“ An
anderer Stelle ergänzt er diese Schilderung. Er spricht von
18) Herse: Kurmainz am Vorabend der Revolution S. 22.
*8) Bockenheimer: Das öffentliche Leben in Mainz S. 5.
20) Dumont: Belagerung S. 5.
st) Vogt: Rheinische Sagen und Geschichten Bd. 4, S. 193.