Full text: Das Mainzer Zunftwesen und die französische Herrschaft

93 
Protokoll (552) 5000 Paar Schuhe für das Militär anzufertigen, 
und bereits am 4. April beschwerte sich der Schuhmacher Niko¬ 
laus Schweickart bei der Munizipalität, dass die Schuhknechte 
Pässe erhielten. Um einem Mangel an Handwerkern vorzu¬ 
beugen, befahl daher der Kriegsrat am 8. April alle Handwerks¬ 
leute, so Schuster, Zimmerleute, Schneider, Schlosser und alle 
zum Dienste der Armeen notwendigen Personen, auch wenn 
sie nicht schwören wollten, von der Exportation auszu¬ 
nehmen.251) Die Munizipalität, die bei der Beschiessung die 
Löschungsmassnahmen zu treffen hatte, wurde ebenfalls vor¬ 
stellig, „dass alle zur Löschmannschaft gehörigen Handwerks¬ 
und sonstigen Leute in der Stadt gelassen werden müssten“. 
Eine Entscheidung war noch nicht getroffen, als auf 
Grund der Bekanntmachung sich viele Bürger mit ihren Fa¬ 
milien, es waren gegen 3000 Personen, an der Rheinbrücke 
versammelten.252) Da auf Befehl des Kriegsrates niemand über 
die Brücke gelassen werden durfte, begaben sich die Bürger 
nach dem Gautor, wo sie das Tor verschlossen fanden. Eine 
ungeheuere Erregung bemächtigte sich der Volksmenge. End¬ 
lich erschien der Munizipal Nikhel und teilte mit, dass auf Be¬ 
schluss der Munizipalität heute niemand die Stadt verlassen 
dürfe. Voller Wut stürzten sich die enttäuschten Bürger auf 
den städtischen Beamten, misshandelten ihn schwer und nur 
durch eine herbeigeholte Wache konnte er vor dem Tode ge¬ 
rettet werden. Die Hauptanführer bei diesem Aufstande waren, 
Metzger, von denen sofort einige verhaftet wurden. Auf 
Bitten der Administration und des Munizipalen Nickhel selbst 
wurden sie gegen Zahlung einer Geldstrafe wieder entlassen. 
Der Befehl des Kriegsrates, keinen Handwerker mehr 
auszuweisen, fand bei den Meistern lebhaften Widerspruch. 
Keiner wollte länger in dieser dem Untergange bestimmten 
Stadt bleiben. Und so verfiel man, wie aus einem Aktenstück 
der Zimmerleutezunft vom September 1793 hervorgeht, auf 
folgenden Einfall: Die von der Ausweisung ausgenommenen 
und an der Auswanderung gehinderten Handwerker, so die 
Schuster, Schneider, Zimmerleute, Schlosser und sonstige zum 
Dienste der Armeen notwendigen Personen gaben sich „für 
einen anderen Professionisten“ aus, verschafften sich auf diese 
Weise einen Pass und verliessen die Stadt.. 
Die Zahl der Ausgewanderten und Ausgewiesenen wird 
auf 15 000253) angegeben. Schaab spricht von „ein Drittel der 
251) Dumont: Belagerung S. 196. 
252) Dumont: Belagerung S. 196 f. Klein: Geschichte S. 515 f. 
253) Klein: Geschichte S. 533 f. Schaab: Die Geschichte der Bundes- 
Festung Mainz S. 349.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.