Full text: Das Mainzer Zunftwesen und die französische Herrschaft

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trotz aller Drohungen und trotz dieser Wahlerleichterungen 
blieben die Mainzer standhaft, und nur wenige schwuren nach¬ 
träglich. 
Die Gesamtzahl der Geschworenen beträgt nach Angabe 
des Deutschen Menschenfreundes242) „325 oder besser 345“, 
und in der Flugschrift „Der Mainzer an seine deutschen Mit¬ 
bürger“ wird ausgerufen: „Treffliche Stadt, die auf 14 000 nur 
345 Schurke oder Schwache zählt!“243) 
Nachdem die Einzelausweisungen sich als unwirksam 
erwiesen hatten, schritt man dazu, die Einwohner von Mainz 
in Massen auszuweisen. Wie radikal man hierin vorzugehen 
beabsichtigte, beweist eine Stelle in einem Briefe Försters vom 
14. März, wo er schreibt: „Täglich schickt man Leute, die nicht 
huldigen wollen zu 30 und 40 über den Rhein, und man wird 
bis zur Entvölkerung damit fortfahren, wenn sie sich nicht 
rathen lassen.“244) 
Von den Ausweisungen zu trennen sind die Massenaus¬ 
wanderungen. Im Februar 1793245) verliessen mehr als 1000 
Personen die Stadt freiwillig. Es waren dies zunächst arbeits¬ 
los gewordene Gesellen, die auf Grund einer Bescheinigung 
ihres Meisters einen Pass erhielten, dann aber befanden sich 
auch Meister, denen jede Existenzmöglichkeit genommen war. 
mit ihren Familien unter den Auswanderern. Als Grund der 
Abreise wird im „Intelligenzblatt“, in dem die Auswanderung 
bekanntgegeben werden musste, von einigen Handwerkern 
„Geschäftsverhältnisse“ angegeben. Sicherlich wird auch die 
Auflösung der Zünfte für die Abreise von Alainz entscheidend 
gewesen sein. Gesteht doch selbst die „Neue Mainzer Zeitung“ 
(29): „Die Aufhebung der Fakultät und Zünfte — waren hart 
angreifende Mittel“ und kennzeichnet damit die geradezu kata¬ 
strophalen wirtschaftlichen Folgen der Zunftauflösung. 
Ihren Höhepunkt erreichte die Auswanderung bei Be¬ 
kanntwerden der Absicht des seit dem 17. März „zu Mainz 
versammelten rheinisch-deutschen Nationalkonvents“. Tn die¬ 
sem „Parlamente“ hatte der Antrag, die Eidesverweigerer 
nach Frankreich zu bringen, allgemein Zustimmung gefunden. 
Die Abstimmung wurde zunächst ausgesetzt, da zuvor die 
fränkischen Kommissare gehört werden mussten.246) Dass diese 
ihre Zustimmung nicht versagen würden, war vorauszusehen. 
Entsetzen und Verzweiflung bemächtigte sich der verfassungs¬ 
treuen Bürger bei dem Gedanken an ihr künftiges Schicksal. 
24L>) Deutscher Menschenfreund 166. 
L’43) Der Mainzer an seine deutschen Mitbürger S. 24. 
244) Forster’s Briefwechsel II. T.. S. 417. 
245) Klein: Geschichte S. 439 f. 
248) Klein: Geschichte S. 464 ff.
	        
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