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Einleitung
nen, einfach für geisteskrank zu erklären und deshalb im psychologischen
Resultat unberücksichtigt zu lassen. Vielleicht ist dies nur dann berechtigt,
wenn man die von aller Psychologie unabhängige Gültigkeit des Satzes vom
Widerspruch schon voraussetzt und sie mit zum Kriterium für Geisteskrank¬
heit macht.) Die logischen Sätze machen ihrem Wesen nach den Anspruch
auf absolute Gewißheit, die durch keinerlei zukünftige Erfahrungen er¬
schüttert werden kann. Dieser Anspruch ist aber durch psychologische Be¬
gründung niemals zu rechtfertigen. Diese unberührten logischen Sätze also
kann man nicht durch psychologische Feststellungen irgendwie begründen,
da weder der Grund tragfähig genug noch der Begründungszusammenhang
ein bündiger ist.
Daß die logischen Sätze einer psychologischen Begründung nicht fähig
sind, ist jedoch kein beklagenswertes Faktum, sondern ist ganz gleichgültig,
da die logischen Sätze einer psychologischen Begründung gar nicht bedürftig
sind. Ihre Wahrheit kann vielmehr eingesehen und endgültig erwiesen wer¬
den, ohne daß man im geringsten das menschliche Denken betrachtet und
irgendwelche psychologischen Einsichten über das menschliche Denken zu
Hilfe nimmt. So ist z. B. die Wahrheit des Satzes vom Widerspruch, wie sich
später noch genauer zeigen wird, allein aus dem Wesen der einander wider¬
sprechenden Urteile, dem Wesen der Wahrheit und dem Zusammenhang
der durch die beiden Urteile gesetzten Sachverhalte zureichend und einsichtig
zu erkennen. Die Berücksichtigung der Erkenntnisse anderer Menschen hat
in der Logik keine andere Bedeutung als in irgendwelchen anderen Wissen¬
schaften und bedingt hier sowenig eine psychologische Begründung der
logischen Erkenntnisse, wie sie in den anderen Wissenschaften, etwa der
Physik oder der Physiologie, eine psychologische Begründung ihrer Ergeb¬
nisse ausmacht.
Der Grundfehler, auf dem der irrtümliche Versuch einer psychologischen
Begründung der logischen Sätze beruht, besteht allgemein darin, daß man die
gefühlte Nötigung des Denkens verwechselt mit der einsichtigen Notwendig¬
keit des Seins und So-Seins.
So erweist sich die Logik bei genauerem Zusehen als völlig unabhängig
von der Psychologie. Die Psychologie dagegen setzt, worauf hier nicht näher
eingegangen werden soll, in zweifacher Hinsicht die Logik voraus; nämlich
einmal setzt sie, wie alle Wissenschaften, die Gültigkeit der logischen Sätze,
speziell die des Satzes vom Widerspruch, notwendig voraus — indem sie z. B.
alle die ihren Ergebnissen widersprechenden Behauptungen für falsch er¬
klärt —, und zweitens muß sie auch das Hissen von den logischen Sätzen zu