4
Einleitung
Das Denken kann nun Gedanken produzieren, ohne daß sie zugleich in
irgendeiner sprachlichen Form ausgedrückt, niedergelegt, kundgegeben oder
formuliert werden. Die Gedanken sind in ihrem Sein durchaus nicht not¬
wendig an sprachliche Ausdrücke gebunden. Es gibt tatsächlich in jedes
Menschen Denken ein stummes oder stilles Denken, das weder in äußerem
noch in innerem Sprechen seinen Ausdruck findet. Die sprachliche Formu¬
lierung eines Gedankens tritt in vielen Fällen erst dann ein, wenn der zu
formulierende Gedanke in einer eigentümlich totalen Weise schon gedacht
und zugleich weiter festgehalten wird, während die sprachliche Formulie¬
rung dann sukzessive in der Zeit vollzogen wird. Auch in denjenigen Fällen,
in denen das Denken von vornherein von einem inneren Sprechen begleitet
ist, werden doch die gedachten Gedanken nur selten voll und ganz sprachlich
eingekleidet, sondern bleiben zum großen Teil unausgedrückt. Der im ein¬
samen Denken ausgesponnene Gedankenfaden ist daher meistens nicht in
seiner ganzen Länge, sondern nur hier und da schlackenartig mit Sprach-
material besetzt. Schließlich ist sogar da, wo im mitteilenden Denken voll¬
ständige sprachliche Sätze mündlich oder schriftlich gebildet werden, doch
der gedachte Gedankengehalt nicht restlos in diesen Sätzen ausgedrückt; er
muß daher von dem Hörer oder Leser nach seinem unausgedrückten Be¬
stände glücklich erraten werden, wenn er ganz von ihnen aufgenommen
werden soll. Sowenig nun die Gedanken überhaupt notwendig an einen
sprachlichen Ausdruck gebunden sind, sowenig ist ein bestimmter Gedanke
an einen bestimmten sprachlichen Ausdruck gekettet. Vielmehr kann ein
und derselbe Gedanke nicht nur in derselben Sprache in verschiedenen
sprachlichen Formen, sondern auch in ganz verschiedenen Sprachen mehr
oder weniger genau ausgedrückt werden. Die Gedanken haben also gegen¬
über den sprachlichen Formen eine größere oder geringere Wahlfreiheit.
Andererseits brauchen nun auch die sprachlichen Gebilde nicht notwendig
Gedankengehalt zu haben. Sprachlaute können rein für sich produziert oder
aufgenommen werden, ohne daß Gedanken mit ihnen verbunden werden.
Ebenso kann man ganz gedankenlos Schriftzeichen produzieren oder lesend
aufnehmen. Die Sprachzeichen mögen dabei an sich einen Sinn haben oder
ganz und gar sinnleer sein.
Aus diesen Verhältnissen ist deutlich ersichtlich, daß die Gedanken von
den sprachlichen Ausdrücken verschieden sind und auch dann von ihnen
unterschieden werden müssen, wenn die Gedanken in einer sie völlig be¬
deckenden sprachlichen Einkleidung auftreten.
Die Ausdrucksbeziehung, die zwischen den Gedanken und bestimmten