EINLEITUNG
1. Gegenstand und Aufgabe der Logik
Nach einer alten und auch heute noch weitverbreiteten Definition ist die
Logik die Lehre vom Denken. Diese Definition ist zwar nicht total falsch;
denn der Gegenstand der Logik liegt allerdings im Denken. Aber sie ist doch
nicht genau und zum mindesten schief, denn nicht das Denken selbst, dieser
seelische Vorgang oder dieses geistige Tun, sondern vielmehr etwas, das in
dem Denken liegt, ist der eigentliche Gegenstand der Logik. Die Unzuläng¬
lichkeit jener alten Definition trat deutlich zutage, als man sie im 19. Jahr¬
hundert beim Wort nahm und nun die Logik wirklich zu einer Lehre vom
Denken machen wollte. Man geriet nämlich dadurch in das Gebiet der
Psychologie hinein, die ja unter anderen seelischen Vorgängen natürlich
auch das Denken zu erforschen hat. Die Logik war in Gefahr, von der Psy¬
chologie verschlungen und lediglich zu einem ihrer Kapitel herabgedrückt
zu werden. Man spürte freilich wohl, daß die Logik doch nicht einfach eine
Psychologie des Denkens war und ist; indem man jedoch ihre alte Definition
festhielt und ihr auch weiterhin das Denken als ihren Gegenstand vorhielt,
bemühte man sich nun krampfhaft, die Logik aus der Verschlingung mit
der Psychologie zu befreien. Zwei verschiedene Wege wurden eingeschlagen,
um definitorisch der Eigenart der Logik gerecht zu werden.
Der erste Weg geht von der Unterscheidung zwischen theoretischen und
praktischen Wissenschaften aus und glaubt, die Logik als praktische Wissen¬
schaft vom Denken von der Psychologie als der theoretischen Wissenschaft
vom Denken richtig abscheiden zu können. Es zeigte sich jedoch bald, daß
auf diesem Wege zwar der einen Not jener Definition abgeholfen und die
so definierte Wissenschaft allerdings vor dem Untergang in die Psychologie
gesichert war, daß aber eine neue Not daraus hervorging. Denn die Logik
war bis dahin wirklich niemals eine praktische Wissenschaft gewesen. Sie
mußte sich daher, sobald sie diesen neuen Anspruch stellte, jetzt den Vor¬
wurf der totalen Nutzlosigkeit gefallen lassen.
Der zweite Weg hält ebenfalls daran fest, daß die Logik das Denken zum
Gegenstand habe, und sucht nun dadurch sie von der Psychologie abzuheben,