3. Haupttypen der Einwände
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Grundbegriffen, mit deren Hilfe die moderne Wissenschaft ihr Welt¬
bild aufbaut, wie Substanz, Kausalität, Bewegung, Masse, Raum,
Zeit. —
Nicht minder erfolgreich gestaltete sich die Zersetzung der Meta¬
physik durch den Ansturm von seiten der modernen Geisteswissen¬
schaften.
Auch hier hat die Analysis für immer die Begriffe zerstört, mit
deren Hilfe frühere, metaphysisch gerichtete Zeitalter die Kon¬
struktion der Gesellschaft und der Geschichte bewerkstelligten.
Diese Begriffe der dogmatisch-theologischen Geschichtsspekulation
waren mystisch-mythischer Natur; und das ganze metaphysische
Geschichtsbild verleugnete nicht seine Herkunft aus dem Geiste
von Konzeptionen, die das Rätsel der Wirklichkeit durch nicht
weniger rätselvolle Vorstellungen noch geheimnisvoller gestalteten.
Diese mystisch-mythischen Vorstellungen wie Schöpfung, Paradies,
Heilsweg durch die Kirche, Jüngstes Gericht, Erlösung usw. wurden
nun seit den Tagen des Humanismus und der Renaissance einer
strengen kritisch-analytischen Betrachtung unterworfen, die in
enger Verbindung mit der Prüfung des geschichtlichen Materials,
d. h. mit der Kritik der Quellen stand. Auch hier erwies sich der
Rationalismus, dem die Ausbildung des wichtigen Denkwerkzeuges
der philologischen Methode gelang, als der mitleidslose Gegner aller
metaphysischen Geschichtsansichten. Überall hat er das Gewebe
von Sagen, Mythen, Rechtsfabeln aufgelöst, durch das die theo-
kratische Geschichtsdeutung die irdischen Einrichtungen, wie Staat,
Recht, Wirtschaft, mit dem Willen und Ratschluß Gottes ver¬
knüpfte und von hier aus beurteilte.
Das Werk der modernen philologischen Quellenkritik wurde von
der neuen Psychologie wirksam unterstützt. Unter Verdrängung der
alten Phantasien über die Entstehung und das Wesen des Menschen,
wie sie von der Bibel gelehrt wurden, bildete sich jetzt eine empirische
Analysis des Menschen. Statt diesen theologisch und metaphysisch
zu konstruieren und zu deuten, richtete sich die neue Anthropologie
auf die Erkenntnis seines tatsächlichen Wollens und Verhaltens.
Sie strebt danach, die wirklich vorhandenen Gleichförmigkeiten zu
studieren und zu erfassen, nach denen ein Vorgang im seelischen
Leben einen anderen bedingt bzw. von einem anderen bedingt
ist. In dieser Betonung des Begriffs des Gesetzes und in dem aus¬
schließlichen Interesse für ihn ist diese Anthropologie ganz und gar
von der neuen Naturerklärung abhängig. Der Einführung und