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Einleitung
fache Bilder von dieser schöpferischen Betätigung des Logos zeichnen.
Aber etwas grundsätzlich anderes auszusagen, als daß sein Wesen
und sein Sinn sich in dem konstruktiven Spiel der Dialektik bewegt
und darstellt, vermögen wir nicht. Aus jener schöpferischen Ur¬
kraft wachsen in immer erneuter Gegensätzlichkeit die polaren
Strömungen des Lebens hervor. Sie bedingt in gleicher Weise die
ewige Dialektik der Erkenntnis. Es ist nun die Aufgabe der Meta¬
physik, in ihrem erkenntnistheoretischen Teil diese Dialektik des
Wissens und in ihrem geschichtsphilosophischen Teil jene Dialektik
des Lebens zu verstehen und zu entwickeln.
2. Die dialektische Geschichtsphilosophie.
Nach der Kennzeichnung des allgemeinen Prinzips, das die
Grundlegung und Systematik des hier vertretenen Standpunktes
gewährleistet, entsteht nun als nächste Frage die Überlegung, wie
und wo dieses Prinzip der Dialektik seine erste und
nächste Objektivation vollzieht. Denn schließlich offen¬
baren sich die Eigenart und der Wert eines metaphysischen Prin¬
zips am deutlichsten und am überzeugendsten da, wo es sich in
unmittelbare Wirksamkeit umsetzt, wo es Gestalt annimmt. Wir
gelangen damit zu dem zweiten Teile unserer Arbeit, der die
dialektische Geschichtsphilosophie enthält.
Der nächste und unmittelbare Schauplatz für die reale schick¬
salshafte Tätigkeit der Dialektik ist nämlich der Prozeß des ge¬
schichtlichen Lebens in der ganzen Fülle seiner Begebenheiten und
Einrichtungen, in dem Gewimmel seiner Menschen und aller ihrer
Pläne und Leistungen, in dem Wechsel ihres Glückes und Unglückes,
in ihren Erfolgen und ihren Niederlagen und in allen den Para¬
doxien ihrer Größe und ihrer Kleinheit. Das zeigt jede Stufe inner¬
halb einer phänomenologischen und konstruktiven Metaphysik, die
den Logos in seiner Dialektik zu beleuchten sucht. Auf Schritt
und Tritt führt sie zu der Erkenntnis, die wir soeben ausgesprochen
haben, aber absichtlich wiederholen, daß die geschichtlich-gesell¬
schaftliche Wirklichkeit jene erste objektive Entfaltung innerhalb
der Selbstverwirklichung des dialektischen Geistes verkörpert.
Dieser Punkt wird uns in dem zweiten Bande, der der Darstellung
der Entwicklung der Dialektik in der Geistigkeit der Geschichte
gewidmet ist, ausführlich beschäftigen. Er wird den Nachweis dafür
zu erbringen suchen, daß und weshalb nicht die Wirklichkeit der