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VI. Die Dialektik der Metaphysik
sammenhang handelt es sich in der Hauptsache aber besonders darum,
das außerordentliche Gewicht dieses außerordentlichen Kampfes mit
Nachdruck hervorzuheben und die Paradoxien, auf denen er beruht,
und die in ihm zum Vorschein kommen, ans Licht zu stellen. Für uns
soll es im Augenblick genügen, die widerspruchsvolle Natur dieses
Kampfes als solche zu betonen. Schon rein äußerlich betrachtet ist er
widerspruchsvoll, weil er aus Erfolgen und Fehlschlägen bunt und un¬
endlich gemischt ist, ferner darum, weil er trotz aller gegen die Meta¬
physik erhobenen Einwände und trotz aller ihr zuteil gewordenen
„Widerlegungen“ niemals zum Stillstand gelangen wird. In ihm
bedeutet weder ein Sieg noch eine Niederlage eine Endgültigkeit.
Oft haben sich die sogenannten Irrtümer der Metaphysiker als die
Wurzeln für neue Wahrheiten und geradezu als Förderungen der
Metaphysik erwiesen. Widerspruchsvoll endlich ist jener Kampf
wegen der unerschöpflichen Schwierigkeiten, die sowohl in formaler
und methodischer, als in inhaltlicher und nicht zuletzt auch in ge¬
sinnungsmäßiger und moralischer Beziehung in der Idee des Abso¬
luten wirksam sind. Wir können und dürfen bei der Analyse dieser
Idee natürlich auf die Anwendung logischer Kategorien nicht ver¬
zichten. Zugleich aber können wir uns auch der Einsicht nicht ver¬
schließen, daß die Idee des Absoluten, sobald sie in der ganzen Tiefe
ihres Gehaltes aufgenommen wird, sobald wir uns nicht auf ihre
Sonderausprägung in einem einzelnen metaphysischen System be¬
schränken und nicht selber eine derartige Sonderausprägung unter
Schädigung des ganzen Gehaltes jener Idee vertreten, sich den formalen
logischen Kriterien nicht beugt und von ihnen nicht bezwungen wird.
Ganz besonders wichtig aber ist es, nicht zu vergessen, daß die
Beschäftigung mit der Metaphysik die Schwere einer
ganz großen Verantwortung in sich trägt und von einem
einzigartigen Ethos erfüllt ist bzw. erfüllt sein muß.
Jede Arbeit an der Metaphysik, mag es sich um eine Kritik an der
Metaphysik, etwa zur Erreichung des Verständnisses für ihr Wesen
und ihre Geltung, oder um die konstruktive Entwicklung eines
metaphysischen Systems handeln, ist eine Gewissensangelegen¬
heit. Und dem Ethos dieser Gewissensangelegenheit läßt sich nur
durch einen Heroismus gerecht werden, der den Charakter einer
unendlichen Anspannung sowohl in intellektueller als auch in mora¬
lischer und in weltanschaulicher Hinsicht besitzt.
Indem wir davon sprechen, daß der Geist des Menschen sich auf
jenen nicht weniger fesselnden als gefährlichen Begriff des Absoluten