1. Allgemeine Grundlegung der Dialektik der Metaphysik
5
nähme ganz und restlos innerhalb der Strömungen des Lebens sind
logisch ein Ding der Unmöglichkeit. Die Metaphysik der Lebens¬
dialektik muß und wird genau und hingebungsvoll die vielver¬
schlungenen Strömungen der Wirklichkeit behorchen, die reizvolle
Buntheit und das paradoxe Wechselspiel ihrer Gestalten beachten.
Sie muß und wird bemüht sein, neue Tiefen und neue Struktur¬
verhältnisse des Lebens zu ergrübeln und aufzudecken, um die
Paradoxie des Lebens in aller ihrer Bewegtheit soweit widerzu¬
spiegeln, als es einer theoretischen, also vom Leben doch immer in
irgendeiner Weise abgezogenen Betrachtungsart überhaupt ver¬
gönnt ist. An einer Dialektik der Metaphysik arbeitet sozusagen
das Leben selber mit. Aber auch umgekehrt fördert eine solche
Dialektik das Dahinströmen des Lebens, weil sie ihm dazu verhilft,
seinen eigenen Sinn zu erfassen, seine Voraussetzungen, sein Wollen
und seine Ziele zu verstehen, mit anderen Worten ihm das Mittel
bietet, um seinen in ihm ruhenden Logos zu erfassen. Also darf eine
Metaphysik der Lebensdialektik weder die Urwüchsigkeit des Lebens
selber noch die verpflichtende Formkraft einer in Kategorien sich
aussprechenden Erkenntnis geringachten oder gar mißachten. Ihr
tiefstes Ringen wird vielmehr darauf gerichtet sein, im Unterschiede
von dem alten und traditionellen Formbegriff, einen solchen Form¬
begriff zu erarbeiten, der in seiner Struktur die Problematik der
Lebenswirklichkeit ahnen und anklingen läßt, ohne dabei die logi¬
schen Forderungen begrifflicher Bestimmtheit hintanzusetzen.-
Aus diesen Gründen umschließt auch die Wendung zur Meta¬
physik und die ganze Entwicklung der metaphysischen Forschung
der Gegenwart eine eigentümliche Wendung und Entwicklung des
Rationalismus. Wir sehen aller Orten Bestrebungen am Werke, die
auf die Ausbildung bzw. auf die Umbildung des traditionellen
Rationalismus und Idealismus zu einem dialektischen
Rationalismus und dialektischen Idealismus hindrängen.
Das geschieht sogar noch weit über diejenige Stellung hinaus, die
Hegel bei seiner dialektischen Auffassung und Verwendung des
Begriffs und bei seiner ganzen dialektischen Erkenntnisart einnahm.
Zwar hat bereits Dilthey in seiner bahnbrechenden „Jugend¬
geschichte Hegels“ (1905) das immer wieder gläubig und kritiklos
aufgenommene Dogma von dem Rationalisten und Panlogisten
Hegel widerlegt. Er hat in Hegel mehr als einen irrationalen Ein¬
schlag entdeckt; und so kann die Bezeichnung, mit der Ludwig
Feuerbach 1839 die Philosophie Hegels dadurch zu brandmarken