1. Allgemeine Grundlegung der Dialektik der Metaphysik
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physik seinem sachlichen Vollgehalt nach ins Auge, also in jener
Totalität, die bei einer wirklich und eigentlich philosophischen Be¬
trachtung geboten ist, z. B. in der von Hegel vertretenen Totalität
ihres Wesens. Alsdann verstehen wir jenen Begriff in einem ihm ent¬
sprechenden Ausmaße, wenn wir ihn als die in die Höhe des
Logos erhobene ideelle dialektische Synthese aller Be¬
züge und Wertschichten der Lebenswirklichkeit überhaupt
würdigen. Wir betonen die Korrelation zwischen Meta¬
physik und Dialektik. Wir betonen nicht minder die
Korrelation zwischen dem Begriff der metaphysischen
Wahrheit und demjenigen der Lebenswirklichkeit. Auch
hier obwaltet das spontane und unzerstörbare Verhältnis dialekti¬
scher Wechselbeziehung. In dem erstgenannten Begriff sind in eine
konstruktive Einheit alle diejenigen Sinngehalte zusammengefaßt,
die wir meinen, wenn wir von „Leben“ und „Wirklichkeit“ sinnhaft
sprechen. Deshalb ist alle wahre Metaphysik im genauesten Ver¬
stände „Lebensphilosophie“. Die Metaphysik ruht auf dem
schöpferischen Grunde des Lebens und seines Geistes,
und der schöpferische Grund des Lebens gelangt in der
Metaphysik zu begrifflichem, d. h. in den Begriff ge¬
faßtem und im Begriff verstandenem Ausdruck.
Damit sind wir einem tiefgemeinsamen Zuge in den verschiede¬
nen metaphysischen Systemen und Weltbildern begegnet. Hinter
allen Ausprägungen und Formen der metaphysischen Gedanken¬
bildungen, auch hinter denen, die dahin neigen, sich in eine erden¬
ferne Abstraktheit zu verlieren, ist die Dialektik des Lebens in ihrer
Autonomie wirksam. Ohne dialektische Geisteshaltung und
ohne dialektische Einstellung zum Leben ist keine Ge¬
stalt der Metaphysik möglich. Selbst in denjenigen meta¬
physischen Systemen, die scheinbar ausschließlich aus dem Geiste
der Statik erschaffen und ganz an die Methode der mathematisch¬
mechanischen Naturwissenschaft gebunden sind, wie etwa in dem des
Descartes, arbeitet die Bewegtheit der Dialektik. Für die Rich¬
tungen der sogenannten Lebensphilosophie braucht die Berechtigung
dieser Behauptung von der schöpferischen Geltung der Dialektik
nicht besonders erhärtet zu werden. In der Mehrzahl der Fälle
erweisen sie sich sogar in der Form einer ausdrücklichen Zustim¬
mung als Niederschläge des Bekenntnisses zur Dialektik. In allen
anderen Fällen liegt ihre Abhängigkeit von der Dialektik schon in
der Problemstellung und dann in der Begriffsbildung, nicht zuletzt