3. Das moralische Motiv
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aufbauenden Wirkungsverband von ontologischer Geltung hin. Diese
ontologisierende Tendenz gehört zu ihrem Sinn, von der sie auf
keine Art und um keinen Preis lassen kann; sie gehört un-
nachlaßlich zu ihren Grundvoraussetzungen und bedeutet für sie
eine geradezu objektive Kategorie. Mit dem Wesen und der
Idee des metaphysischen Rationalismus ist die Dialektik der Be¬
ziehung von Begriff und Sein, Gedanke und Wirklichkeit mitgesetzt,
und zwar mitgesetzt nicht etwa bloß in der Gestalt einer theoreti¬
schen Dialektik, sondern, unter Akkumulation der Dialektik, in der
Gestalt einer realen Dialektik, einer Wesenskorrelation von Begriff
und Sein, Gedanke und Wirklichkeit. Diese Realdialektik muß
beachtet werden, so schwer es dem kritischen Geiste fallen mag,
sie wirklich zu verstehen. Denn sie macht sich in jeglichem meta¬
physischen System merkbar und geltend, belastet es mit einer
niemals überwindbaren Antinomie. Und auf diese Realdialektik
und Antinomik hinzuweisen, war im Zusammenhang unserer Aus¬
führungen eine begreifliche Pflicht, da uns dadurch sowohl nach der
einen Seite die innere Verfassung der Metaphysik klar wird, als nach
der anderen Seite einer der konstruktivsten Begriffe und ein unent¬
behrliches Gedankenmittel an die Hand gegeben werden, die uns
in den Stand setzen, die Systematik der Metaphysik aufzubauen. —
Aber der absolute metaphysische Rationalismus birgt in sich
noch eine zweite, nicht weniger eigenartige Dialektik, die wir
zweckmäßigerweise bei der Erörterung der Eigentümlichkeit und
der Wirkungsweise des zweiten Grundmotivs, das in der Struktur
der Metaphysik sich betätigt, behandeln können, nämlich des
moralischen Motivs.
3. Das moralische Motiv.
a. Die Verbindung des Rationalen mit dem Moralischen.
Es gehört zu den unwiderstehlichen Bestrebungen des mensch¬
lichen Geistes, auch die Kraft des Rationalen noch durch eine ihm
überlegene Kraft zu unterbauen, zu vertiefen und dadurch über sich
hinauszuführen. So sehr auch der Wert des Erkenntnismotives
sowohl als unmittelbarer Ausdruck des Geistes als auch als Werk¬
zeug der Förderung der menschlichen Kultur anerkannt werden
mag, so stark ist trotzdem die Neigung, ihm noch ein anderes Motiv
beizugesellen und seine Kraft dadurch zu stärken, also das bloß