Vorwort
IX
physik. Wir wollen mit anderen Worten die Voraussetzungen und
das Wesen, die Grund- und Aufbauformen und nicht zuletzt die
Haupttypen der Metaphysik entwickeln. Diese Untersuchung er¬
streckt sich demnach auf die Frage nach der „Möglichkeit“ der Meta¬
physik und ihren konkreten Erscheinungsformen, sie sucht den Geist
und die Welt der Metaphysik zu erfassen. Wir werden aber diese
Begriffe des Geistes und der Welt der Metaphysik in dem ganzen
Umfange ihres Sinnes nehmen und zu klären suchen. Wir be¬
trachten es als unsere Obliegenheit, sowohl die erlebnismäßigen als
auch die formalen und die logischen, sowohl die personalen als auch
die objektiv-konstruktiven, sowohl die aus individuellen Über¬
zeugungen und geschichtlichen Lageverhältnissen als auch die aus
der Systematik der Philosophie hervorgehenden Voraussetzungen
der Metaphysik aufzuzeigen. Von Anfang an bedeutet uns die Meta¬
physik eine Geistesgestalt von so hoher äußerer und innerer Ver-
wickeltheit, daß mit ihr in dieser Beziehung keine andere Form der
Kultur zu wetteifern oder einen Vergleich auszuhalten vermag. Die
Autonomie und die Eigenart der Metaphysik werden durch die Be¬
sonderheit dieser antinomisch-dialektischen Struktur ebenso deut¬
lich charakterisiert wie sichergestellt. Die Metaphysik gilt uns
als die überzeugendste und umfassendste Erscheinungs¬
form der Dialektik innerhalb des Reiches des Gedankens.
Auf Grund dieser Erkenntnis benutzen wir die Dialektik not¬
wendigerweise auch als Methode zur Erfassung und zur Erreichung
eines angemessenen Verständnisses und einer objektiven Würdigung
der Metaphysik. Die Idee der Dialektik ist sowohl die
apriorische Bedingung und die maßgebende Kraft für
den Aufbau der Metaphysik als auch das entscheidende
Werkzeug, um in das Wesen der Metaphysik einzudringen,
dieses Wesen zu studieren und zu verstehen.
Indem wir die Idee der Dialektik aber in dem angedeuteten Sinne
auffassen und gebrauchen, widmen wir uns nicht bloß der
„Kritik“ der Metaphysik, sondern wir treiben dadurch
bereits Metaphysik selber. Das ist die andere, die zweite
Untersuchungsreihe unserer Arbeit. Sie bedingt es, daß
unsere kritische Grundlegung der Metaphysik sich zu dem Ver¬
suche eines „Systems der Metaphysik“ erweitert. Über die Meta¬
physik sprechen, kann bei einem angemessenen und gerechten Ver¬
hältnis zu ihr nur bedeuten, sich an ihrem Aufbau und Ausbau
positiv beteiligen. Auch bei Plato, bei Kant, bei Hegel, unseren