1. Allgemeiner Teil
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Verhältnisse unterhält, so haftet ihr nun einmal jene Eigenart als
Schicksal an, die, wenn man so will, einen gewissen Nachteil dar-
stellt. Daß mit ihm jedoch ein unverkennbarer Vorteil verbunden
ist, liegt auf der Hand. Die Metaphysik ist, ihrem Begriff und Geist
nach betrachtet, eines der beweglichsten Gedankengebilde, das je
aus der Tiefe des Logos hervorgegangen ist. Wir sprechen fortgesetzt
von dem System der Metaphysik und wenden damit auf sie eine
Bezeichnung an, die für sie eigentlich nicht paßt oder nur paßt in
einem ausgesprochen dialektischen Sinne. Wenn eine ganz para¬
doxe Formulierung erlaubt ist, so möchte ich sagen, daß wir nur aus
einem dialektischen Grunde von der Metaphysik als einem System
sprechen, nämlich insofern, als sie eigentlich der Gegensatz zu jedem
System ist. Sie muß sich gegen die endgültige systematische Ab¬
schließung zu einer Einheit, die keiner Weiterführung bedürfte, mit
aller Macht zur Wehr setzen, solange sie ihren Sinn und ihre zentrale
Stellung nicht preisgeben will.
Um diese Gedanken nicht mißzuverstehen, darf unser Blick nicht
an diesem oder jenem bestimmten System der Metaphysik haften. Mit
besonderer Vorliebe pflegt der Metaphysiker zu der Einheit des
Systems hinzustreben, als genüge er mit der Aufstellung und der
Durchführung der Systemidee einer unabweisbaren Pflicht. Und
es gibt kein anderes Kulturgebilde, für das die Idee des Systems eine
so hohe und ernste Verbindlichkeit hat. Sollten nun der Entwurf
und die methodische Anwendung der Systemidee in der Metaphysik
nicht darum zu den prinzipiell zu fordernden Notwendigkeiten zu
rechnen sein, weil hier der Gedanke des Systems seinen reinsten,
ganz ideellen Sinn bewahrt, d. h. eben „Idee“ ist und bleibt? Steht
in der Metaphysik die Idee des Systems nicht der Dialektik des
Logos ungleich näher als in und auf jedem anderen Kulturgebiet,
wo sie bereits eine viel straffere und gefestigtere Formung erfahren
hat? Wenn das metaphysische Denken als solches so eng mit der
Dialektik des Logos und mit dem Logos der Dialektik verbunden
ist, wie das tatsächlich der Fall ist, so muß sich die Nähe dieser Be¬
ziehung natürlich auch in der inneren Struktur ihrer Systematik
ausprägen. Diese Systematik darf mit anderen Worten nicht die
Züge einer allzu stabilen, allzu positivistischen Vereinheitlichung
an sich haben, sondern sie muß die Kraft der dialektischen Spon¬
taneität möglichst ungemindert aufrechterhalten und die Strömung
der Bewegtheit, der lebendigen Entwicklung, der organischen Aus¬
baufähigkeit in breiter Entfaltung bekunden.