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Diesem Allem gegenüber sind folgendes die Neuerungen der Hoch¬
renaissance :
Das Rundbogenfenster weicht im ganzen dem rechtwinkligen, und
wo es sich behauptet, erhält es doch eine rechtwinklige Einfassung
(Bramante, Cancelleria).
Aus dem rechtwinkligen Fenster verschwindet das Steinkreuz; unter
dem kenntlichen Einfluß der Altartabernakel im Innern des Pantheon
wird das Fenster zu einer ernsten, mächtigen Erscheinung; die Pfo¬
sten erhalten regelmäßig Pilaster oder Halbsäulen, ja vortretende Säu¬
len; jetzt erst wird auch die Fensterbank ausgebildet; in den Fenster¬
friesen behaupten sich die (schon früher vorgekommenen) Inschriften.
An den Türpfosten der Kirchen sowohl als der Paläste weicht die
reiche Dekoration einer Ausdrucks weise, welche auf das Einfach-Mäch¬
tige gerichtet ist; statt der Zieraten sind jetzt die Profile das Spre¬
chende; häufig vortretende Säulen oder Halbsäulen namentlich dori¬
scher Ordnung; als klassisch geltende Beispiele: Vasari VIII,/). 171,
v. di A. Sansovino; - ib. p. 224, v. di Peru%%i; - IX,/). 205, v. di Fra Gio-
condo. (Dem angeblichen Entwurf Bramantes für die Pforte seiner Can¬
celleria, bei Letarouilly III, Tab. 351, kann ich nicht recht trauen.)
Sodann wird jetzt der Giebel nicht mehr den geistlichen Gebäuden
Vorbehalten, sondern auch auf Fenstern und Türen der Paläste an¬
gebracht. Als Baccio d’Agnolo dies an Pal. Bartolini in Florenz
bald nach 1500 zum erstenmal versuchte, gab es Spottsonette, und man
hängte Laubgewinde daran wie an Kirchenpforten bei hohen Festen;
Vasari IX,/). 225, v. di Baccio d’Agnolo. Bald aber wurde es allgemeine
Sitte, wobei man zwischen dem stumpfen Winkel und dem Kreisseg¬
mente abwechselte. Auf das mittlere Fenster von dreien oder fünfen
kommt bald der stumpfe Winkel, bald das Kreissegment; für Beides
stehen sich die Autoritäten ziemlich gleich.
§ 52
Die dorische und falsch-etruskische Ordnung
Mit der jetzt herrschenden Neigung zur Vereinfachung der Formen
kam endlich auch die dorische Ordnung zu ihrem Rechte, allerdings in
nachteiliger Vermischung sowohl als Konkurrenz mit einer vermeint¬
lichen toscanischen.
Die echte griechisch-dorische kannte man nicht und hätte sie schwer¬
lich zu brauchen verstanden, § 25.
Schon die Römer hatten eine Umgestaltung derselben nicht ent¬
behren können, zumal als sie das Dorische als Bekleidungsordnung
ihrer großen Bogenbauten brauchten. Hauptbeispiel: das Erdgeschoß
des Marcellustheaters.
Schon ihnen war dabei auch das Vorhandensein einer etruskischen
Ordnung verhängnisvoll geworden, welche einst wohl unter Einfluß