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Schaubauten angewandt, um, nach Abschluß der untern Hallenstock¬
werke mit Halbsäulen das Auge über die geschlossene Wandmasse des
obersten Stockwerkes aufwärts zu leiten und letzterer ihre Schwere zu
benehmen.
Amphitheater in der Provinz (Pola, Nîmes) hatten auch wohl bloß
Pilaster von unten auf.
Außer dem Kolosseum kommt auch das Amphitheatrum Castrense
in Betracht, dessen obere Ordnung damals laut alten Abbildungen viel
besser erhalten war.
Endlich hatte auch das Mittelalter (und nicht bloß in Italien) die Ge¬
wöhnung an jede Art vertikaler Wandgliederung durch Mauerstreifen
wach erhalten.
Die Renaissance verwandte nun den Pilaster im Innern wie am
Äußern der Gebäude ohne alles Bedenken und massenhaft; sie schätzte
ihn schon als Repräsentanten ihrer geliebten Säule. - (Wenn Palladio
bisweilen auch Schwellung und Verjüngung von der Säule auf den
Pilaster übertrug, so gab es auch dafür Vorbilder; Propyläen von Baal¬
bek usw.)
Der Pilaster wird der Ausdruck des Strebenden und Überleitenden.
Sein Einfluß auf die Stockwerkhöhen ist viel geringer als der der letz¬
tem auf ihn. Über Kirchen- und Palastfassaden wird er bald einzeln,
bald zu zweien gruppiert verteilt, und diese können sich näher oder
ferner stehen. - Alberti erwähnt (L. VI., c. 12) den Pilaster, aber nicht
die Pilasterordnung, die er doch anwandte.
Der Pilaster tritt in verschiedene Verhältnisse zu der toscanischen
Rustica, der venezianischen Inkrustation und dem oberitalienischen Back¬
steinbau, sowohl an Kirchen- als an Palastfassaden. In jeder der drei Rich¬
tungen verlangt dann insbesondere die Frage der Gesimse, zumal des
obersten Kranzgesimses, eine eigene Lösung.
Es ist eine Sache des feinsten Taktes, die Gesimse, welche sich nicht
in Flachdarstellung umsetzen lassen, wie die zum Pilaster umgedeutete
Säule, richtig zu den Pilastern und zugleich zum Ganzen zu stimmen.
Für das Kranzgesimse tritt die Frage ein: ob es mehr ein Gesimse
des obersten Stockwerkes oder des ganzen Gebäudes sei? Ferner
kommt eine allgemeine Voraussetzung in Betracht, welche während
der ganzen guten Bauperiode herrschte: daß das Kranzgesimse eins
sein müsse und keine Unterbrechung vertrage. Prinzipielle Aussage
hierüber bei Serlio L. IV, fol. 178, und zwar mit Berufung auf Bra¬
mante.
Außerdem verlangen in die allgemeine Harmonie verschmolzen zu
werden: die Wucht des Sockels, die Massigkeit des Erdgeschosses, die
Nuancierung der Fenster nach Stockwerken u. a. m. ; namentlich be¬
dingen sich Fenster und Pilaster in hohem Grade. Aus diesen und an¬
dern Elementen entsteht ein Scheinorganismus, der im Detail aus dem