Full text: Die Baukunst der Renaissance in Italien

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höchsten Künsten, die uns jetzt so große Mühe kosten, aber um so 
viel größer soll auch unser Name werden, da wir ohne Lehrer, ohne 
Vorbild Künste und Wissenschaften finden, von denen man früher 
nichts gehört noch gesehen hatte.« - Über die Vielseitigkeit s. § 14. 
Die Entscheidung zugunsten des Neuen konnte nur kommen durch 
eine große Tat eines außerordentlichen Mannes, welcher mit dieser Tat 
auch für sein und seiner Genossen sonstiges Streben die Bahn öffnete. 
Filippo Brunellesco von Florenz (1377-1446) und die Domkuppel, 
seine von Jugend auf erkannte Aufgabe (§ 2). Mit dieser wesentlich 
konstruktiven Leistung und mit seiner sonstigen Meisterschaft in aller 
Mechanik siegt zugleich die große formale, stilistische Neuerung, zu 
welcher ihn die vor 1407 in Rom begonnenen Studien befähigten. Da¬ 
zu noch sein Ruhm als Bildhauer und Dekorator. 
§ 25 
Vernachlässigung der griechischen Baureste 
Griechenland existierte im 15. Jahrhundert nur für Sammler, nicht für 
die Architekten. Auffallender erscheint es, daß auch die griechischen 
Tempel auf italischem Boden, in Pästum, Selinunt, Agrigent usw. igno¬ 
riert wurden. 
Der paduanische Maler Squarcione brachte von seiner griechischen 
Reise viel Merkwürdiges tum mente, tum chartis mit, aber wahrschein¬ 
lich nur Skulptursachen; Scardeonius, ap. Graev. thes. VI, III,/». 442. - 
Ob Polifilo (§ 32) in Griechenland zeichnete? 
Später schickte Raffael, laut Vasari, VIII, 41, v. di Raffaello, Zeich¬ 
ner bis nach Griechenland, mit welchem Erfolg, wird nicht gesagt. 
Der Hundertsäulenbau »aus Griechenland« im III. Buche des Ser- 
lio (/0/. 96) ist wohl reine Fabel. - Eine ägyptische Pyramide und eine 
palästinensische Grotte, nach Aufnahmen des Patriarchen Grimani, 
ibid. (fol. 93 x.). 
Ob die Renaissance etwas mit den echten dorischen Formen Gro߬ 
griechenlands, wo ja kein Gewölbe vorkam, hätte anfangen können? 
Immerhin wären die Griechenbauten, wenn sie schon kein Gewölbe 
lehrten, des Studiums würdig gewesen so gut wie Vitruv, der es auch 
nicht lehrt. Die Vernachlässigung derselben kam aber überhaupt nicht 
von einem ästhetischen Bedenken her. 
Das viel stärkere Vorurteil redete zugunsten von Rom, als geschicht¬ 
licher Macht, als alter Mutter der italischen Städte, als größter Erinne¬ 
rung der Nation, welche man durch die Kunst erneuern mußte. 
Auch diesseits der Alpen wurde das wahre Verhältnis der griechi¬ 
schen Kunst und Kultur zur römischen erst seit Winckelmann erkannt.
	        
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