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Mariotti, lettere pittoriche perugine, p. 107, Nota.) Was von gotischem
Detail in Italien schön ist (Werke Giottos und Orcagnas), ist es aus
andern Gründen als im Norden. Die Ausdrücke für dasselbe sind ita¬
lienisch oder lateinisch, höchstens mit Ausnahme von gargolle, d. h.
gargouilles, Wasserspeier, bei Milanesi I,p. 209, Urk. v. 1336. Die übrige
Terminologie z. B. ebenda, A 223, 227, 232, 253, 263 s., II,p. 235.
Nicolö Pisano und Arnolfo bauten nach Belieben im frühem wie
im neuen Stil. Wenn es die Architekten so hielten, so wurden die Bau¬
herrn vollends unsicher in ihrem Urteil; die Kapelle am Pal. pubblico
zu Siena wurde viermal niedergerissen, bis sie 1376 befriedigend aus¬
fiel; Milanesi I,p. 268. Beim Andringen der Renaissance verlauten dann
wahrhaft komische Klagen, sogar bei Anlaß ganz untergeordneter Bau¬
ten; Milanesi II, p. 105, vom Jahre 1421: una die initiatur et fit una Opera,
et alio die destruitur, et quolibet die datur nova forma. . . quod quis eorum
vellet sequi uno modo, alter alia forma, et nullam concordiam habent... et
etiam cives variis modis loquantur . . .; schließlich wird eine Bürgerkom-
mission von 15 Mann ad hoc vorgeschlagen.
§ 19
Charakter der italienischen Gotik
Ohne genauer scheiden zu wollen, was durch das Gotische und was
trotz desselben in die Kunst hineinkam, darf demselben doch wohl der
neue Sieg des Longitudinalbaues an den Kirchen zugeschrieben werden.
Er erneuerte jenes Abkommen mit dem Zentralbau, welches schon
beim Dom von Pisa geschlossen worden war: die Kuppel über der
Vierung.
Im Longitudinalbau aber wird das eben übernommene konstruktive
Programm sofort nach allen Seiten hin verändert, ja völlig gesprengt, und
weite Spannungen, geringe Zahl der Stützen, oblonge Einteilung der
Nebenschiffe, geringe Höhe der Obermauern des Mittelschiffes treten an
die Stelle des unbedingten Hochbaues, der Vielheit der Stützen, des hohen
Mittelschiffes und der quadratischen Einteilung der Nebenschiffe. Statt
der Entwicklung der Form nach oben wird die Schönheit der Räume,
Flächen und Massen das Ziel der italienischen Gotik und dann der italie¬
nischen Architektur überhaupt.
Schon Jacopo Tedesco stellt mit dem Dom von Arezzo die Grund¬
züge fest.
Das sichtbare Gerüstwesen der nordischen Gotik, Strebepfeiler und
Strebebogen usw., wird hier kaum angedeutet, ja eher versteckt und
damit ein Hauptanlaß zur Entwicklung des Details abgeschnitten. Über
den breiten Mauerteilen hätten die Spitzgiebel, über den kaum vor¬
tretenden Strebepfeilern die Pyramiden keinen Sinn mehr; statt ersterer