Full text: Die Baukunst der Renaissance in Italien

§ *72 
Gewölbemalerei der peruginischen Schule 
Die peruginische Schule faßte bei ihren zahlreichen Gewölbemalereien 
ihre Aufgabe ziemlich unfrei so auf, als hätte der dekorative Teil vor 
allem ein Steingerüst zu vergegenwärtigen. 
Nachdem man die wirklichen Rippen losgeworden, führt sie ein ge¬ 
maltes Rippenwerk wieder ein und macht gar keinen Gebrauch von 
der schon bei Mantegna vorkommenden Umdeutung der Kanten in 
Fruchtschnüre. 
Ausfüllung der einzelnen Abteilungen durch farbige Gestalten oder 
Rundbilder und teils farbige, teils steinfarbene Nebenbilder, Nach¬ 
ahmungen von Reliefs u. dgl. 
(Ein älterer peruginischer Maler, Benedetto Bonfigli, malte laut 
Mariotd, lettere pittoriche perugine, p. 225, Nota, in Rom für Inno- 
cenz VIII. »schöne und zierliche Grotesken«. Er stand indes außer¬ 
halb der Schule Pietros, mit welcher wir es hier zu tun haben). 
Zum Besten gehören die von Pietros Schülern gemalten Gewölbe 
im Cambio zu Perugia; 
und das von ihm selbst herrührende in der Stanza dell’ Incendio (Va- 
tikan), welches Raffael als Werk seines Lehrers schonte, obwohl es sich 
neben dem großen und freien Stil seiner eigenen Kompositionen sehr 
ängstlich ausnimmt. 
(In der Camera della Segnatura hat Raffael zwar die Einteilung 
und mehrere kleinere einzelne Darstellungen, von Sodoma, beibe¬ 
halten, die Hauptfelder des Gewölbes aber neu gemalt. Da diese vati¬ 
kanischen Räume, und zwar ziemlich sorglos und ungenau, mit Kreuz¬ 
gewölben gedeckt sind, so können die genannten Dekorationen nicht 
eigentlich als maßgebend für die Renaissance gelten.) 
Pinturicchio (§ 171) ist in der Anordnung seines Chorgewölbes in 
S. M. del Popolo zu Rom ganz besonders herb und steinern, obwohl 
das Detail schöne Partien und das Ganze (mit Mariä Krönung und den 
Kirchenvätern, Evangelisten und Sybillen) eine ernste Wirkung hat. 
Die von ihm ausgemalte Kapelle in Araceli und die Sakristei von 
S. Cecilia (vielleicht von ihm) sind im Gewölbeschmuck wenigstens 
beachtenswert. 
Einen großen Fortschritt in der Kenntnis der Farbenwirkung, in der 
Freiheit der Einteilung und in der Fülle und Auswahl der Zierformen 
zeigt dann sein Gewölbe (eine volta a specchio, § 5 5) in der Libreria des 
Domes zu Siena. Der sehr liberale, nur auf möglichste Schönheit drin¬ 
gende Abschnitt des mit ihm 1502 geschlossenen Kontraktes (§ 174) 
bei Vasari V, p. 286, Kommentar zu v. di Pinturicchio und bei Milanesi 
III, 9. Schon verrät sich in der Abwechslung der Farbenflächen ein 
Einfluß antiker Malerei in der Art der Titusthermen. (Ps. Malereien 
in der Engelsburg sind untergegangen).
	        
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