246
In Venedig, wo selbst der perfekte Schiffskapitän seine Kajüte in-
tagliata, soffitata e dorata, d. h. mit Schnitzwerk, Vergoldung und rei¬
cher Decke verlangte (Malipiero, ann. veneti, archiv. stör. VII, II,p. 714,
ad a. 1498; die Staatsbarken: Comines VII, 15), war der Luxus wohl
am gleichartigsten ausgebildet und am meisten über die verschiedenen
Klassen verbreitet.
Schon Sabellico (§ 42) sagt um 1490: nulla ferme est recens domus quae
non aurata habeat cubicula (foi. 90).
Zur Zeit des Francesco Sansovino um 1580 (Venezia,/0/. 142) war der
Bestand folgender : zahllose Gebäude hatten sowohl in den Zimmern
als in den übrigen Räumen Holzdecken mit Vergoldung und mit ge¬
malten Darstellungen; fast überall waren die Wände bezogen mit ge¬
wirkten Teppichen, mit Seidenzug, mit vergoldetem Leder, mit rei¬
cher Holzbekleidung ... In den Wohnzimmern zierliche Bettstellen
und Truhen mit Vergoldung und Bemalung, zumal mit vergoldeten
Simsen . . . Die Büfetts mit Geschirren ohne Zahl von Silber, Porzel¬
lan, Zinn und Erz mit eingelegter Arbeit... In den Sälen der Großen
die Waffengestelle mit den Schilden und Fahnen derjenigen Vorfahren,
welche zu Land oder Meer befehligt haben . . . Ähnliches gilt im Ver¬
hältnis von den mittlern und untern Klassen; . . . auch bei den Ge¬
ringsten Truhen und Bettstellen von Nußbaumholz, grüne Bezüge,
Bodenteppiche, Zinn- und Kupfergeschirr, goldene Halskettchen, sil¬
berne Gabeln und Ringe.
Anderswo kam dasselbe, nur mehr vereinzelt, vor. Bandello, Parte I,
Nov. 3, die Schilderung eines Schlafzimmers : das Bett mit vier Baum¬
wollenmatratzen, die mit feinen, seide- und goldgestickten Leintüchern
bedeckt sind; die Decke von Karmesinatlas, mit Goldfäden gestickt
und mit Fransen umgeben, die aus Goldfäden und Karmesinseide ge¬
mischt sind; vier prächtig gearbeitete Kissen; ringsum Vorhänge aus
Flor (tocca) von Gold und Karmesin gestreift (hier die Lesart zwei¬
felhaft); an den Wänden statt gewirkter Teppiche lauter Karmesinsamt
mit herrlichen Stickereien; in der Mitte des Zimmers ein Tisch mit
alexandrinischem Seidenteppich; rings an den Wänden acht reich¬
geschnitzte Truhen und vier Stühle mit Karmesinsamt; einige Ge¬
mälde von berühmter Hand usw.
Parte III, Nov. 42, die Wohnung, welche ein reicher Herr der be¬
rühmten römischen Buhlerin Imperia herrichten ließ: unter anderem
eine Sala, eine Camera und ein Camerino mit lauter Samt und Brokat
und den feinsten Bodenteppichen; im Camerino, wo sie nur die vor¬
nehmsten Leute empfing, waren die Wände mit lauter Goldstoff (fas-
sonniertem oder gesticktem) bezogen; auf einer kunstreichen Etagère
(cornice) mit Vergoldung und Ultramarin befanden sich herrliche Ge¬
fäße aus Alabaster, Porphyr, Serpentin und vielen andern kostbaren
Stoffen. Ringsum standen viele reichgeschnitzte Truhen (coffani e for¬
miert), sämtlich von hohem Wert. In der Mitte war ein kleiner Tisch,
der schönste, den man sehen konnte, mit grünem Samt bedeckt; dar¬