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Siena hat die Priorität mit Jacopo della Quercia, welcher außer dem
(wie es laut Milanesi II, p. 436, scheint, angezweifelten) Weihbecken
im Dom von Siena, das Grab der Ilaria del Carretto im Dom von Lucca
1413 fertigte, das frühste Werk der entschiedenen Renaissance, mit
Genien und Festons; Vasari III, p. 21, Nota, v. di Quercia. - Sodann soll
das prächtige Weihbecken im Dom von Orvieto 1417 von einem Mat-
teo Sanese gefertigt sein.
Die hohe Wichtigkeit, welche Siena den Marmorarbeiten beilegte,
wobei man sich durchaus nicht an Stadtkinder, wie z. B. Vecchietta
(1412-1480), band, erhellt aus den genauen Kontrakten mit dem Flo¬
rentiner Bern. Rossellino über eine Tür im Pal. Publico 1446 (Mi¬
lanesi II, p. 235), sodann mit Urbano da Cortona über einen Pracht¬
altar im Dom (ibid.,p. 271) usw. Der Mailänder Andrea Fusina arbei¬
tete 1481 bis 1485 den großen Wandaltar des Kardinals Piccolomini im
Dom (ibid.,p. 376, vgl. § 144), und Michelangelo, der später (seit 1501)
einige Figuren für diesen Altar schuf, meißelte vielleicht zugleich das
herrliche marmorne Ziborium für den Hochaltar in S. Domenico, wel¬
ches ihm zugeschrieben wird. - Und zu gleicher Zeit besaß Siena die
Künstlerfamilie der Marrini (nicht Marzini), wovon Lorenzo einer der
größten Meister dieses Faches und ein sehr bedeutender Bildhauer war.
Ihm gehört die Marmorbekleidung des Eingangs zur Libreria im Dom
und der Hochaltar in Fontegiusta, das vielleicht aller schönste Werk der
ganzen Gattung, sowohl in betreff des Figürlichen als des Dekorativen.
(Vasari V, p. 284, v. di Pinturicchio; Milanesi III, p. 76 r.) Bald. Peruzzi
zeichnete ihm vielleicht den schönen Marmorsitz vor, den er für die
Halle am Casino de’ Nobili arbeitete; ibid.,p. 137.
Eine ununterbrochene Übung dieses Zweiges aus eigenen Kräften
hat jedoch nur Florenz, wo im Jahr 1478 sich 54 Werkstätten befanden
»für Arbeiten in Marmor und Sandstein, in Relief, Halbrelief und
Laubwerk«; Fabroni Laurent. Med. magnif. vita, Adnot. 200. Ohne Zwei¬
fel wurde vieles auswärts versandt.
Brunellescos Zierarbeiten, schön und sehr gemäßigt: die Lesekanzel
im Refektorium der Badia bei Fiesoie und der Brunnen in dessen Vor¬
raum (?); das Weihbecken in S. Felicita zu Florenz (ob noch vorhan¬
den?), vielleicht auch der Sakristeibrunnen in S. Lorenzo, ein Werk von
einfach genialer Erfindung, das indes zwischen B. und Donatello und
Verrocchio streitig ist; Vasari III,p. 259, v. di Donatello. Die sonstigen
Arbeiten des letztem, nicht frei von Wunderlichkeiten, haben wenig
Einfluß auf die Gattung als solche gehabt; schon mehr diejenigen des
Michelozzo, der sich (Gaye I, p. 117) als Donatellos »Compagno« zur
arte delV intaglio bekennt, nämlich die Dekoration der Kapelle im Pal.
Medici (Riccardi), seine Altartabernakel in S. Miniato und der An¬
nunziata usw.; vgl. § 34; - wiederum weniger die des Bern. Rosselino
(Grabmal des Lionardo Aretino in S. Croce).
Was die Zeichnungen in Filaretes Baulehre (§31) ergeben, ist mir
nicht bekannt.