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In der Kirche seiner neuen Stadt Pienza (§8) sollte man gleich beim
Eintritt den ganzen dreischiffigen Bau (§ 77) mit allen Kapellen und
Altären, wohl beleuchtet und trefflich ausgestattet wie er war, über¬
blicken; Alles, mit Ausnahme der bunten Gewölbe, hatte entweder die
Steinfarbe oder einen ganz hellen Ton; auch hier waren die Fresken
ausgeschlossen (vgl. § 82) und die Malerei auf die Tafeln der Altäre,
Werke sienesischer Meister, beschränkt, und dabei hatten die ziemlich
großen Fenster nur weißes Glas. In Pienza selbst erließ Pius den 14. Sep¬
tember 1462 eine Bulle im Zwölftafelstil: Niemand solle hier, abgesehen
von der Kapitelsgruft, einen Toten begraben, niemand die helle Farbe
der Wände und der Pfeiler verletzen, Malereien anbringen, Tafeln auf¬
hängen, Kapellen anbauen oder mehr Altäre errichten als die, welche
da seien usw. Vgl. obige Stellen und Pii II. Comment. L. IX, p. 430 j\r.
Sixtus IV. (1471-1484) »reinigte« nochmals S. Peter und den La¬
teran und machte S. Peter heller durch Erneuerung der Fenster aus
dünnen Marmorplatten und Glas; Vitae Papar., /. c. Col. 1064.
Dieser Geist der Regelmäßigkeit wurde namentlich in Toscana zur Zeit
des Herzogs Cosimo I. und zum Teil durch ihn vielen alten Kunstwerken
verderblich (§ 56).
Der Dom von Pisa, bis 15 40 voll alter Altarwerke verschiedener Her¬
kunft und Größe, erhielt jetzt lauter Altäre von gleichmäßiger Mar¬
moreinfassung, in deren Gemälden (von meist untergeordneten Leu¬
ten) nur dieselben Heiligen vorzukommen brauchten wie auf den ent¬
sprechenden frühem Bildern: Vasari IX,/. 45, v. di Sogliani.
Auf Cosimos Befehl mußten auch die neuen Altäre in S. M. novella
zu Florenz den Pfeilerintervallen entsprechen. Er ließ den Dom aus¬
tünchen. Vasari I, p. 54, in seinem eigenen Leben; - X, p. 299, v. di
Bandinelli.
Bei diesem Anlaß ist noch der schon früh vorkommenden Schein¬
erweiterung des Raumes durch perspektivisch einwärts vertiefte Ver¬
zierung der Wand zu gedenken. Bramante ging dieser Grille zweimal
nach, in der Scheinhalle über dem Hochaltar von S. Satiro zu Mailand
und in den Nischen der Incoronata zu Lodi.
X. Kapitel
KLÖSTER UND BRUDERSCHAFTSGEBÄUDE
§ 84
Die Klöster im Norden und im Süden
In den Klosteranlagen hatte schon das Mittelalter eine ziemlich hohe
Vollkommenheit erreicht. Auch haben dieselben im Norden nicht selten
eine größere monumentale Ausbildung aufzuweisen als irgendwo in
Italien vor der Renaissance.