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Michelangelos Sagrestia nuova (oder mediceische Kapelle) an S. Lo-
renzo in Florenz schließt sich dagegen in der Anlage wieder an das
Motiv Brunellescos und Michelozzos an, erreicht aber in den kubischen
Verhältnissen und in der allgemeinen Wirkung (trotz schwerer Will¬
kür des Details) die allergrößte Schönheit. Architektur und Skulptur
sind so zusammengedacht, als hätte der Meister aus einem und dem¬
selben Ton Sarkophage, Statuen, Pilaster, Simse, Nischen, Türen und
Fenster vormodelliert. Höchste Einheit von Raum, Licht und For¬
men. (Doch sind eine ganze Anzahl von Nischen, für Statuen bestimmt,
leer geblieben; Vasari XII,p. 214, Nota, v. di Michelangelo, und die Ma¬
donna und die beiden Heiligen waren ursprünglich für eine andere
Stelle bestimmt.)
Außerdem kommen auch einige Rundkapellen aus dem Anfang des
16. Jahrhunderts vor: Cap. S. Giovanni im Dom von Siena, Cap. Ca-
raccioli in S. Gio. a Carbonara zu Neapel (1516, sehr hübsch); dann
die schon genannte Kapelle Sanmichelis an S. Bernardino zu Verona,
das Meisterwerk dieser Art, vgl. § 67.
§ 81
Das Äußere der Langkirchen
Die Durchbildung des Äußeren an den Langkirchen, abgesehen von
der Fassade und vom Chor- und Kuppelbau, der vom Zentralbau ent¬
lehnt wird, blieb im ganzen ziemlich vernachlässigt.
Neben dem in § 68 erwähnten Grunde kam sehr in Betracht: die
häufige Durchbrechung der Langseiten durch Anbau von Kapellen;
auch wirkte das Nichtvollenden der Fassaden übel auf die Langseiten
zurück.
Brunellesco ließ seine Basiliken (§ 74) außen fast glatt, gab jedoch
seiner Badia bei Fiesoie (§ 76) eine einfach schöne Bekleidung von
Wandbändern und Konsolen, vielleicht auf Anregung von S. Frediano
in Lucca hin.
Die Bekleidung mit Pilasterordnungen an den Mauern der Neben¬
schiffe und auch wohl noch des Oberbaues ist nur in sehr wenigen Bei¬
spielen des 15. Jahrhunderts vorhanden: S. Severino zu Neapel (von
Mormandi, 1490), das Kirchlein des Pontanus ebenda, einige ober¬
italienische Backsteinkirchen usw. Selbst in Venedig hat nur S. M. de’
miracoli auch an den Seiten die volle Prachtinkrustation mit Pilastern.
Von hohem und einzigem Werte: die weiß marmorne Kathedrale
von Como. Die musterhaft vollständige Inschrift am äußern Chorende:
Cum hoc templum vetustate confectum esset, a populo Comensi renovari coep-
tum est MCCCLXXXXVI. Huius vero posterioris partis iacta sunt funda-
menta MDXIII, XXII. Decembris, frontis et laterum iam opere perfecto.
Thomas de Rodariis faciebat. - Gotisch begonnen und langsam von der
Fassade her gebaut, bleibt das Langhaus im Innern gotisch, doch so,