„M etaphysik11"
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Auch den älteren „kritischen“ Philosophen, Männern wie
Locke, Hume und Kant, gehen wir jetzt, nachdem wir
den Boden der reinen Ordnungslehre verlassen und „das
Wirkliche“ zugelassen haben, in sehr hohem Grade recht:
Unser Erfahrungswissen ist in der Tat ein Produkt des¬
jenigen Teils des Wirklichen, den meine Seele darstellt,
und des übrigen Wirklichen. Zwischen dem fremden Wirk¬
lichen und meiner Seele als Wirklichkeitsteil besteht ein
ursächliches Verhältnis: meine Seele als Wirklichkeitsteil
wird von dem übrigen Wirklichen „affiziert“, spannt als¬
dann das Ergebnis der Affektion gleichsam in einen eige¬
nen Rahmen ein und stellt „mir“ nun das ganze Ergebnis
dieses Vorganges in Erscheinungsform vor — sehr tief ist
hier das deutsche Wort „Vorstellung“. Ein Teil des Wirk¬
lichen wirkt hier also auf den anderen, das Wirkliche also
letzthin innerlich auf sich selbst.
Freilich „mache“ Ich nicht die Erfahrung bewußt aus
einem rohen Stoff, wie Kant das wollte. Meine Seele „macht“
einiges in unbewußter Form, und auch das wohl nicht in
Form eigentlichen Mächens, sondern mehr in Form einer
Übersetzung in ihre Wesenssprache. So kommen jedenfalls
die Farben, die Töne „für mich“ zustande; wohl auch alles
Räumliche in seiner eigentlich sinnlichen Ausprägung —
denn daß da im Wirklichen allemal auch etwas „Drei¬
dimensionales“, freilich ein dreidimensionales X, sein muß,
wo mir etwas raumhaft erscheint, das wissen wir ja (S. 37).
Die allgemeinsten „rationalen“ Züge des Wirklichen
aber, das heißt alle seine logischen und allgemein mathe¬
matischen Seiten, gehen, wenn das Wirkliche „rational“
ist (S. 34), beim Erkenntnisvorgang unverändert aus dem
Objekt auf das erfassende Subjekt über.
Im übrigen würde uns hier eine intimere Untersuchung
der Frage, welche Seiten des Erfahrungsinhaltes seeli¬
schen, welche objektiven Ursprungs sind, zu sehr in
schwierige Sonderprobleme hineinführen. Zum Verständ¬
nis der Hauptsache genügt das Mitgeteilte, und es sei nur
nochmals gesagt, daß erst auf metaphysischem Boden eine
wahre kritische „Erkenntnis“-Lehre möglich ist. —