Full text: Der Mensch und die Welt

126 Das Bewußtsein und seine Rolle in der Welt 
lenkt; von der Natur aber, der organischen zumal, indem 
es auch hier Gesetze erkennt und ihre Äußerungen zum 
besten wendet für alle Kreaturen. Phantastisch mag der 
Gedanke klingen, die Raubtiere — selbstredend ohne Grau¬ 
samkeit gegen sie selbst — „abschaffen“ zu wollen. Aber 
Wissenschaft kennt nur Hoffnung. 
Gut ist, was uns „nützlich“ ist, hat Spinoza gesagt; 
unter dem Nützlichen aber hat er das verstanden, was das 
wahre Wesen des Menschen, die Vernunft und die Sitt¬ 
lichkeit, fördert. 
Handle stets so, wie du glaubst, die Bestimmung des 
Menschen am besten zu fördern, wobei du diese „Be¬ 
stimmung“ nach deinem besten Gewissen dir klarzu¬ 
machen suchst, unter Berücksichtigung aller Seiten der 
Wirklichkeit. Dieser echte „kategorische Imperativ“ sei 
auch die Maxime in der Politik, welche dann allein 
wahre „Realpolitik“ ist. Denn die geistige Seite des Men¬ 
schen ist auch „real“, und nicht allein wirtschaftliche 
Umstände sind das. Nur auf dieser Grundlage sind einst 
Sklaverei und Folter, diese Schandmale der älteren 
Menschheit, einschließlich der gepriesenen Antike, be¬ 
seitigt worden, und nur auf derselben Grundlage, das heißt 
aus ernsten gewissenhaften vollständigen „Real“- 
erwägungen heraus, wird auch einst jenes dritte Schand¬ 
mal, welches noch immer das Gesicht der Menschheit ent¬ 
stellt, auf Nimmerwiederkehr beseitigt werden — der 
Krieg. 
Scheint es aber nicht, als ob wir mit unserer Forderung, 
daß tiefe vernunftgemäße Besinnung unser ganzes Han¬ 
deln bestimmen solle, unsere „Freiheit“, an die wir in 
diesem Abschnitte doch glauben wollten, wieder auf- 
heben? Muß ich nicht „ja“ oder „nein“ sagen, wenn ich 
nach Ablauf einer solchen „Erwägung“ beim „Wollen“ 
angekommen bin? Das Ergebnis einer solchen Erwägung 
bestimmt eben doch mein Ja oder mein Nein. 
Gewiß tut es das, ja, soll es das. Was aber trotzdem im 
Rahmen der Möglichkeit — ich sage nicht der nach¬ 
gewiesenen Wirklichkeit — einer Freiheit bleibt, das ist der
	        
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