Full text: Der Mensch und die Welt

Das Bewußtsein und seine Rolle in der Welt 125 
In diesem Sinne erfassen wir denn also, daß es nicht- 
mechanische seelische Kräfte gibt, daß es moralische 
Axiome gibt, daß die Welt ein unirdisches geistiges Ziel 
hat, und, was für die Erziehung das allerwichtigste ist, 
daß es ein Spiel unterbewußter gesetzlicher Kräfte in uns 
selbst gibt, welches zum Guten gelenkt werden kann. 
Dieser echte Rationalismus kann das Bewußtsein zum 
Segenspender machen; um seinetwegen, so glauben wir, 
ist das Bewußtsein da, mag es noch so oft in die Irre 
gehen. Denn das unbewußte Vitale ist noch viel mehr 
in die Irre gegangen; im Rahmen der Lebensgesamtheit 
sowohl wie im seelischen Leben des einzelnen. Stammes¬ 
geschichtlich hat es jene Monstra erzeugt, welche wir 
„Raubtiere“, im weiten Sinne des Wortes, nennen, jene 
Monstra, in denen sich Tier gegen Tier kehrt — (und zu 
denen auch wir noch gehören!). Im Rahmen des mensch¬ 
lichen Seelenlebens aber macht es das Individuum zum 
Sklaven seiner Triebe und „Gefühle“, und zerreißt es in 
sich, damit zugleich die geistige Menschheit zerreißend: 
homo homini lupus, das heißt: ein Wolf ist der Mensch 
für seinen Nächsten. 
Fort also mit der rückhaltlosen Bewunderung des „Es“, 
des Unter- und Unbewußten, die heute so beliebt ist, und 
mit der Hingabe an dieses „Es“, die in Wahrheit nichts 
ist als Kapitulation vor der eigenen Schwäche. Gewiß 
kennen müssen wir Unter- und Unbewußtes und wir 
dürfen auch seine schöpferischen Seiten preisen. Aber es 
ist ein Dämon, ist göttlich und teuflisch zugleich. Unser 
Amt aber ist es, den Teufel in ihm zu bannen, soweit in 
unseren Kräften steht, oder, nüchterner gesagt, das Un- 
und Unterbewußte zu lenken im Dienst der Vernunft 
auf der Grundlage unseres Wissens. 
Das Bewußtsein, die Ratio, macht den Menschen zum 
Herren von sich selbst und von der gesamten Natur, und 
zwar kann es ihn, weil das sittliche Schauen mit zur Ratio 
gehört, zum moralischen Herren von sich selbst und 
von allem machen. Von sich selbst, indem das vernünftige 
Ich die Gesetze alles Unterbewußten erkennt und dann
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.