II. Teil
1. Abschnitt
A. Die Umwandlung der deutschen Feinkeramik zur Massenindus¬
trie seit Beginn des 19. Jahrhunderts und ihre Ursachen.
Die kunstgewerbliche Keramik des 18. Jahrhunderts,
die Modeindustrie jener Zeit, verdankt ihre Entstehung i-n
sache und erstaunliche Entwicklung bis in die letz¬
ten Jahrzehnte des Jahrhunderts hinein dem Neid und der un¬
erhörten Prunkliebe kleinfürstlicher Gründer. Die ganze In¬
dustrie, wenige, vorwiegend der Gebrauchsgeschirrfabrikation
gewidmete, merkantilistischen Handelsprinzipien ihre Entste¬
hung verdankende Zentren nur ausgenommen, ging aus höfischen
Kreisen &ervor» schoss bis um die Mitte des Jahrhunderts
pilzartig aus dem Boden hervor, fristete kürzer oder länger
ihr inehr oder weniger rühmliches Dasein, um schliesslich,
teils schon vor, teils mit ihren fürstlichen Gründern, dem
Untergange zu verfallen. Eine verhältnismässig sehr kleine
Schicht, der Hof mit den ihm nahe stehenden Kreise^ war also
die wirtschaftliche und auch die finanzielle Basis, auf der
die. Manufakturen jener Zeit mit wenigen allerdings sehr
rühmlichen Ausnahmen ruhten. So lange diese Schicht, der die
Keramik als Kunstgewerbe allerdings ihre besten Blüten ver¬
dankt, ihren Luxusbedürfnissen freien Spielraum gewähren
und die erforderlichen Kapitalien regelmässig aufbringen
konnte, blieb die Industrie leistungs- und existenzfähig.
Wie. schwach aber jene Basis war, deren wirtschaftliche Fes¬
tigkeit völlig von ihrem politischen Fundamente abhängig .
war, zeigte die Katastrophe, die nur zu bald mit ungeheurer