HÖLDERLIN
Drei Freunde begegneten einander beim Studium im ehemaligen
Augustinerkloster zu Tübingen: Hegel, Hölderlin und Schelling.
Die gemeinsame Liebe zur Antike und die gleiche philosophische
Überzeugung vereinte die drei. Sie studierten Plato, Kant und die
Briefe Jacobis über Spinoza.
Miteinander lasen und diskutierten sie über alles Erdenkliche von
der Antike bis zur Französischen Revolution und formten sich dar¬
aus ein Weltbild: Sie waren überzeugt, daß sie überall Einheit und
Sinn der Dinge wiederfinden würden, was ihnen im Leben auch
noch begegnen würde.
Als die drei Freunde das Tübinger Stift verließen, fühlten sie sich
entwurzelt. Sie kannten die Landessprache nicht, und die Einwoh¬
ner wiederum hatten Mühe, sie zu verstehen. »Daß bei ihm und
für ihn das Sprachlose Sprache, und bei ihm und für ihn das Allge¬
meine, das Unbewußtere, die Form des Bewußtseins und der Be¬
sonderheit gewinnt, daß hingegen dasjenige, was bei andern in
einer Welt für objektiver gilt, und in allgemeinerer Form vorhan¬
den ist ... bei ihm und für ihn subjektiver ist ..., daß bei ihm
und für ihn das Besondere und Bewußtere die Form des Unbewu߬
ten und Allgemeinen annimmt«, sagt Hölderlin vom Helden des
Empedokles,
Die drei Freunde verstanden die Sprache des Empedokles gut, konn¬
ten sich aber nur mühsam mit den Bürgern verständigen, bei denen
sie als Hauslehrer eintraten. »Sprach ich einmal auch vom alten
Griechenland ein warmes Wort, so gähnten sie und meinten, man
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