sprach. Das gehört zu den Dingen, die man sagen hört und die
man kennen lernt, zu den Dingen, die dein Verhalten bestimmen,
wenn du mit anderen zusammen bist, und sie sind alle so. Aber
man vergißt sie schnell, wenn man allein ist oder wenn man mit
den Dingen zusammen ist. Wenn Leute da sind, stellt man etwas
dar, man ist anders, man ist ein Kind unter großen Leuten, aber
in Wahrheit ist man nur für die großen Leute und ihretwegen so;
wenn man bei den Gegenständen oder den Farben ist, vergißt man
es und ist nicht mehr klein oder groß.
Erst später begann Sören Kierkegaard über sich selbst nachzuden¬
ken. Erst, nachdem man ihm von Himmel und Hölle gesprochen
und er nachts nicht geschlafen hatte, und er dann zu glauben
begann, es gebe gute und schlechte Tage im Leben, und darüber
Klarheit zu gewinnen suchte und die Tage einzeln und in ihrer
Aufeinanderfolge Revue passieren ließ — und als er sich schlie߬
lich vorstellen und ausmalen wollte, wie es wäre, auf Schiffen oder
in fernen Ländern zu sein.
Das Kind führt also ein seltsames Doppelleben, und darum ist es
schwierig, ein Kind zu kennen. Andererseits ist das Kind das, was
man aus ihm macht; man gibt ihm die Gestalt, die Seinsweise, in
der es sich darbietet, und die Ausdrucksformen, deren es sich be¬
dient. Aber daneben gibt es etwas anderes, das man nicht ausdrücken
kann, das nicht zum Bereich des Mitteilbaren gehört, wie er sich bei
den großen Leuten ausgcbildet hat; etwas, das nichts mit dem zu
tun hat, was man unter den andern und für diese ist. Wenn das
Kind sprechen lernt, lernt es auf eine ganz bestimmte, künstliche
Weise »so« zu sein. Im Sprechen drückt man nur Bestimmtes und
in bestimmter Weise aus, man drückt nicht sich selbst aus. Es
handelt sich um etwas künstlich Gewordenes, um etwas, das zu
sein man erst lernt. Das bleibt das Geheimnis, das alle Dinge
kennen würden, wenn sie verstehen könnten, und das vielleicht
sogar die Dinge nicht vollständig kennen würden. Später vergißt
man es mehr und mehr, und jedem von uns fällt es schwer, an die
Einheit seines Lebens zu glauben.
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