jedesmal anders. Wenn sie kommen und wenn sie gehen, immer
bedeutet das etwas, und man selber kann sich zu ihnen nicht so
verhalten wie zu den Dingen; man weiß nicht, was ihr Gesicht
bedeutet, es ist einem nicht vertraut, ist nichts, was einfach da ist,
so da ist, daß man sagen kann: »Das ist der Gegenstand, der hier
oder dort drüben ist, ein Gegenstand, der sich im Zimmer befindet,
oder sogar: der Mensch, den du auf diesem Bild siehst.« Nein,
ihr Anblick bleibt dir fremd. Ihre Augen, ihre Nase unterscheiden
sich von allem, was du kennst; sie haben keine bestimmten Kon¬
turen oder Formen wie alle andern Gegenstände, die hier im
Zimmer sind oder an den Wänden hängen; und selbst wenn sie
sich einmal ganz still verhalten, so daß du sie in Ruhe betrachten
kannst — wenn sie zum Beispiel unbeweglich dasitzen oder schla¬
fen —, haben sie etwas Beunruhigendes.
Es gelang Sören Kierkegaard nicht, wirkliche Beziehungen zu den
Menschen herzustellen. Die Welt der Farben und der Dinge war
ihm näher; er fühlte sich ihnen gegenüber gewissermaßen freier,
unmittelbarer angezogen. Dazu kommt noch, daß die Menschen dir
etwas an tun, sie wenden sich an dich oder sie sprechen unterein¬
ander von dir, während man sie weiter anblickt oder über den
wunderlichen Klang ihrer Stimmen staunt; und während sie noch,
wie man das später ausdrücken würde, Gegenstände der reinen
Wahrnehmung sind, kommen sie auf dich zu und fangen an zu
reden — was dir zuerst wie eine Vision erschien, die einen mit
Erstaunen erfüllt, weil man sie zum ersten Mal erlebt; aber nun
umschmeicheln sie dich und tun so, als kennten sie dich seit langem.
Und dann kommt es einem immer ein wenig seltsam vor, wenn
man andere über sich reden hört; man hat nie gedacht, daß man so
sei; ja, man hat nie gedacht, man sei der oder der. Daß Sören
Kierkegaard ein Kind war, daß er klein war, daß er die und die
Eigenschaft hatte: was konnte das ausmachen? In seinen Augen
war er nicht »klein«; er war kein »Kind«. Das waren für ihn neue
Vorstellungen, die er lernte, die er erwarb, weil man sie ihm sagte
oder weil er hörte, wie jemand darüber mit jemandem anderem
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