Full text: Unter den Brücken der Metaphysik

wir uns bedienen, sind die der großen Leute. Wir können die Vor¬ 
stellungen vom »Menschen« und vom »Ding«, die fest in uns 
verankert sind, nicht mehr ins Wanken bringen. Es liegt eine 
Art innerer Widersprach darin, von neuem Kind sein zu wollen, 
wo man doch schon alles weiß; sich der Worte zu bedienen und 
zugleich die Dinge in uns handeln zu lassen, ohne sie beim Namen 
zu nennen; die Dinge zu kennen und sich die andersartigen 
Bilder vorzustellen, die sich ein Wesen von ihnen macht, das noch 
nichts weiß. Ein Psychologe würde vielleicht sagen: »Sie versuchen 
etwas Unmögliches, denn selbst die Erinnerungen, die Sie noch 
bewahren konnten, haben sich bei den großen Leuten in ein Wissen 
verwandelt.« Und doch ist es nicht so. Es bleibt das »Visionäre«, 
das Dunkle, das Ding von anderer Wesenheit: das, was in jedem 
von uns dem Wissen voranging. Aber eben das kann nicht ge¬ 
wußt werden, oder kann zumindest nicht auf unsere Art gewußt 
werden, ohne daß verlorengeht, was das Eigentliche seines Seins 
ausmacht. 
Es ist evident, daß das nicht gewußt werden kann. Und es ist 
weiter sicher, daß es nicht darum geht, das seither Gelernte aus- 
zulöschen. Aber was bewirkt denn in Wahrheit, daß uns der Zu¬ 
stand der Kindheit so fremd ist? Eben das Wissen. Und zwar nicht, 
daß man mehr weiß, sondern die besondere Art des Wissens. 
Deutlicher ausgedrückt: wir wußten damals nicht, daß dies da ein 
Zimmer war und daß man darin die verschiedenen Gegenstände 
aufzählen konnte, entsprechend der Rolle, die sie im Leben spielen; 
daß dies ein Schrank war, jenes ein Sessel, dieses ein Bild; sondern 
in unseren Augen existierten alle diese Gegenstände für sich, es 
waren selbständige Gegenstände. Wir wußten nicht, daß sie einen 
Existenzgrund hatten. Jetzt hingegen wissen wir, was ihr Existenz¬ 
grand ist. Wir haben die Erfahrung und Sicherheit erworben, die 
das Leben verleiht. Und deshalb leben wir als Fremde in einer 
unbestimmten, oder vielmehr, einer anders bestimmten Welt. Aber 
wir behalten diese Sicherheit nur, solange wir nicht versuchen, 
unseren Platz in der Welt zu orten, 
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