Sinne genommen, so sehr viel wert wäre, so brauchten
wir wohl keine Wissenschaft und keine Philosophie!
Aber: ,,des gesunden Menschen Verstand“, der ist in
der Tat etwas wert, und den gilt es in seiner ganzen
Fülle zum Ausdruck zu bringen. Er ist das Prinzip der
Ordnung in jedem Sinne, Was er an Bedeutungen alles
erfassen kann, lehrt die Ordnungslehre oder Logik oder
auch Phänomenologie. Sie aber zeigt nun eben, daß es
sehr viel mehr Ordnungsformen gibt als nur die mathe¬
matischen, und zwar schon im Rahmen der unbelebten Welt.
Im Anfänge des vorigen Jahrhunderts suchte man alle
Naturerscheinungen auf elementare Gesetze des Wirkens
zwischen letzten Einheiten zurückzuführen, so wie Newton
das für die Schwerkraft getan hatte. So entstand zum
Beispiel das Coulomb'sche Gesetz der Elektrostatik und
viele andere Gesetze. Diese Art der ordnungshaften Er¬
fassung der Welt ist sehr viel befriedigender im allgemein
logischen Sinne als die „funktionale“, nur mit Gleichungen
arbeitende Methode, welche sie abgelöst hat.
Harmlos, obschon unvollständig, bleibt immerhin die
funktionale Methode, wenn sie zwar nur einen Teil der
Phänomene, aber diesen in phänomenologisch legitimer
Weise trifft.
In Einstein's Theorien aber geht die funktionale Methode
über alle endgültige Wesenserfassung souverän hinweg, das
aber heißt, daß diese Theorien wirklich „gegen des gesunden
Menschenverstand“ sind — im tiefsten Sinne dieses Wortes,
Wir zweifeln nicht, daß unsere Kritik der allgemeinen
Relativitätstheorie als sehr unzeitgemäß, ja, daß sie als
Anmaßung eines Philosophen, der „nichts von der Sache
versteht“, angesehen werden wird. Unsere Ansicht ist es
aber, daß Philosophie ein Regulativ für wissenschaftliche
Lehren bilden müsse, und daß sie nicht allen „Theorien“
als Magd nachzulaufen habe, so wie sie in früheren Zeiten
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