nur im Anschluß an Bewegungsempfindungen, zum Beispiel
meiner Arme und Beine.
Ich „sehe“ also die Tiefendimension nicht, obwohl ich
sie „erlebe“ oder, ganz streng gesprochen, bewußt habe.
Man darf hier nicht vergessen, daß das sogenannte Sehen
nur bei ganz unbewegtem Auge ein reines „Sehen“ ist;
praktisch bewege ich, wenn ich sehe, stets zugleich mein
Auge, und eben die dabei erlebten Bewegungsempfindungen
geben mir die dritte Dimension des Neben, außer den
beiden anderen, welche ich auch durch andere Daten, wie
gesagt, gewinne.
Alles, was bis hierher über unser Wissen vom Raume
gesagt ward, kann unter den Kantischen Begriff der „reinen
Anschauung“ gebracht werden. Was „dreidimensionaler
Raum" ist, weiß ich durch reines Schauen von der „anschau¬
lichen“ Art, ganz ebenso wie ich weiß, was rot, warm und
süß ist, wobei „anschauen“ aber, wie gesagt, nicht mit
„sehen“ verwechselt werden darf. Auch mit „schauen“
im allgemeinsten Sinne darf es nicht verwechselt werden,
denn „geschaut“ in diesem Sinne werden auch „unanschau¬
liche“ Bedeutungen, z, B. was nicht, was weil, was
bezogen heißt.
Nun haben wir aber gesagt, daß Neben zwar Qualität,
aber zugleich Beziehungsform ist. Es ist, streng gesprochen,
Träger eines Systems von Beziehungen oder auch „Rahmen“
eines Beziehungsgefüges, nämlich des geometrischen.
Im Raum „gibt“ es alle die Gebilde, von denen die
Geometrie handelt; das heißt: in dem allgemeinen Be¬
ziehungsgefüge „dreidimensionaler Raum" schaue ich alle
die besonderen Beziehungsarten, von denen die geome¬
trische Wissenschaft handelt, als möglich.
Die grundlegenden unter diesen „möglichen" besonderen
Beziehungen sind nun diejenigen, welche in den Axiomen
des Euklid ihren Ausdruck finden, insbesondere also der
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