Full text: Relativitätstheorie und Philosophie

erhalten müssen, wenn die Uhren noch identischen Gang 
hätten. 
Die große Frage ist nun, wie kann man und kann man 
überhaupt um den „wirklichen Sachverhalt“, also um 
Ruhe oder Bewegung der Erde zum Äther „wissen“? 
Aus dem Versuch, diese Frage zu beantworten, erwuchs 
der berühmte Versuch des amerikanischen Physikers 
Miehelsonh Er sollte die Frage prüfen, ob eine Bewegung 
der Erde relativ zum Äther (ein „Ätherwind“) feststellbar 
sei, ob also der Physiker von einem wirklichen Nachweis 
von Gleichzeitigkeit reden darf oder sich stets mit seiner 
„Ortszeit“, um einen Ausdruck von Lorentz zu gebrauchen, 
begnügen muß, ebenso wie er sich bei der Feststellung 
von Translationsbewegungen mit dem Nachweis relativer 
Geschwindigkeiten zu begnügen hat. Ist wirklich der Äther 
das „absolut“ Ruhende? 
Ich schildere nun das Wesentliche am Michelson'schen 
Versuch in einer schematisierten Form, welche, wenn ich 
nicht irre, von Laue stammt: 
Man denke sich auf der Erde eine große Hohlkugel, 
deren Wand innen eine spiegelnde Oberfläche besitzt; in 
ihrem Zentrum wird für einen Moment ein Blitzlicht ent¬ 
zündet; man will prüfen, ob die spiegelnde Oberfläche an 
allen Stellen gleichzeitig oder an den einen Stellen früher, 
an den anderen später aufleuchtet. Denn die ganze Kugel 
bewegt sich mit der Erde, bewegt sich also relativ zum 
Äther, falls dieser „absolut“ ruht. Man erwartet, daß 
die spiegelnde Fläche nicht überall gleichzeitig aufblitzen 
1 Eine die physikalischen Einzelheiten der Versuchsanordnung 
berücksichtigende Beschreibung des Michelson-Versuchs enthält 
Bd. 15 dieser Sammlung: R. Winderlich, „Das Ding, I, Die Dinge 
der Naturwissenschaft“ im Kapitel „Der Weltäther“ des III. Ab¬ 
schnitts; die folgenden Kapitel „Raum und Zeit“ und „Masse" 
geben eine kurze Darstellung der Relativitätstheorie und ihrer 
physikalischen Folgerungen. 
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