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Intuition und Positivismus.
würdig geworden, wenigstens in dem Sinne, der landläufig
war.
Was zur Natur und zur Seele (im Unterschiede vom
Ich) gehört, nennen wir die empirische Wirklichkeit. Wir
wollen nun zunächst in ihrem Rahmen den Begriff der
„Intuition“ weiter verfolgen.
Da ist denn die grundlegende Einsicht diese, daß alles,
was sich ausdrücklich und ausschließlich auf die empiri¬
schen Reiche der Natur und der Seele im berechtigten
Intuitionssinne bezieht, stets einen vorläufigen, verbesse¬
rungsfähigen, hypothetischen, also nie einen endgültigen
Charakter hat.
Diese Wahrheit verdankt die Philosophie David
Hume.
Jedenfalls besteht dieser verbesserungsfähige, nie end¬
gültige Charakter jeder auf Empirisches gehenden zu¬
sammengesetzten Ordnungsaussage, also jeder „Intu¬
ition“ in unserem Sinne, dann, wenn sie sich, im Sinne
eines „Gesetzes“, als gültig für die Zukunft ausgibt. Grade
der „Wahrscheinlichkeit“ solcher Aussagen lassen sich frei¬
lich unterscheiden; doch soll dieser Gedanke hier nicht
näher verfolgt werden1).
Sehr bedeutsam ist nun aber die klare Besinnung darauf,
woher eigentlich diese Vorläufigkeit aller auf Empirisches
gerichteten Intuitionen stammt:
Das „Material“, innerhalb dessen Ordnungstypen intu¬
itiv erfaßt werden sollen, hat bekanntlich da, wo es sich
um Natur handelt, stets die Form, daß hier jetzt ein solches
ist; wo Seele in Rede steht, liegen Daten von der Form
Ich habe jetzt solches vor1 2). Aber nicht das unmittelbar in
diesem „Jetzt“ Präsente allein steht dabei in Frage, also,
1) Vgl. den dritten Hauptteil, Abschnitt C 1 dieser Schrift.
2) Ordnungslehre, 2. Aufl. 1923, S. l56f.