Full text: Philosophische Gegenwartsfragen

Wissen und Handeln. 
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Daß ein gewisses „Wissen“ zum Handeln notwendig 
ist, wird hier also immerhin zugegeben. Und es wäre ja 
auch ganz und gar unsinnig, wenn das nicht zugegeben 
würde. „Handeln“ heißt nämlich: Mit Hilfe des eigenen 
Leibes die Welt verändern auf Grund der Kenntnis 
ihrer Gesetzlichkeit. Wer gar nichts „weiß“, kann 
überhaupt nicht „handeln“; das erhabenste Ziel bleibt 
leer, wenn ich nicht um die Mittel zu seiner Verwirk¬ 
lichung „weiß“, d. h, wenn ich nicht weiß, welche Ver¬ 
änderungen im Gebiet der empirischen Wirklichkeit ich 
zunächst einmal vornehmen muß, um, wie die Natur¬ 
gesetzlichkeit einmal ist, mein Ziel zu erreichen. 
Schon der Primitive, der auf die Jagd geht, muß, um 
sein Ziel zu erreichen, eine ganze Menge wissen. 
Ein mit den irdischen Verhältnissen gar nicht vertrauter 
Geist andererseits, der plötzlich auf der Erde Leibesgestalt 
annimmt, könnte ethisch ein Heiliger sein: er würde trotz¬ 
dem ein Kind, das neben ihm ins Wasser fällt, nicht retten 
können, wenn er gar nicht weiß, was „Wasser“, „Kind“, 
„ertrinken“ bedeuten; vielleicht würde er sich gar an dem 
Schreien und an den Bewegungen des Kindes belustigen. 
Aber nun soll die eigentliche „Wissenschaft“ es ja sein, 
die in Verruf erklärt wird, Physik, Chemie, Biologie, 
Psychologie also. 
Ich weiß nicht, wie unsere Gegner zur Technik im 
engeren Sinne stehen, ob sie auch die verachten. Ver¬ 
mutlich tun sie das nicht. Werden sie doch wohl zugeben, 
daß der durch das Automobil möglich gewordene schnelle 
Verkehr ethisch ausgenutzt werden kann, z. B. wenn ein 
Arzt zu einem Schwerkranken, der weit entfernt wohnt, 
gerufen wird. Das gleiche dürfte vom Telephon gelten. 
Sind nun etwa diese beiden ethisch verwertbaren Mittel, 
Automobil und Telephon, ohne sehr gründliche wissen¬
	        
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