Schein-Entia,
165
neben den personalen Subjekten, aus denen er sieb bildet,
bestehender überpersönlicher „Geist“ ist1).
Diese Hypothese ist natürlich nicht im eigentlichen
Sinne zu widerlegen, und man kann wohl nur dieses gegen
sie sagen, daß sie allzuviel des Neuen in den wissenschaft¬
lichen Begriffsapparat ohne zwingenden Grund hypo¬
thetisch einführt, um ohne weiteres angenommen zu wer¬
den. Ja, sie wäre eigentlich geradezu eine bestimmte para¬
psychologische Hypothese, die aber gerade in dieser Form
sogar von den erwiesenen parapsychologischen Tatsachen,
wie Telepathie und Gedankenübertragung, nicht ge¬
fordert wird. Denn sogar hier kommt man mit einer un¬
bestimmten Verbundenheit zwischen personalen Seelen
überhaupt aus, die man schon für das normale wechsel¬
seitige „Verstehen“ zwischen Menschen braucht* 2). Es ist
aber ein bewährter Forschungsgrundsatz, neue wahrhaf¬
tige Entia nur einzuführen, wenn es unbedingt not¬
wendig ist.
Die einzige Form, in welcher ein Volksgeist als echtes
empirisches Ens „sein“ könnte, ist mit diesen Betrach¬
tungen abgewiesen.
Daß wir trotz allem von einem „Sein“ des Volksgeistes,
des Rechtes, der Wissenschaft usw. reden können, wenn
wir nur das „Als ob“ zweiten Grades beachten und uns
bewußt bleiben, daß die Verwendung dieser Worte im
letzten Grunde nominalistisch gemeint ist, wurde aus¬
geführt. Existieren, im empirischen Sinne des Wortes,
tun, abgesehen von der Materie, nur seelisch-leibliche
Subjekte, die miteinander in kausalen Wechselbeziehun¬
*) Mit Jungs „Kollektiv Unbewußtem“ darf die Setzung von Ehrenfels
nicht verwechselt werden. Jungs überpersönlicher Faktor ist als Ens
gedacht, betrifft aber die menschliche Gattung oder sogar alles Lebendige
als Ganzes. Eine dieser Lehre ähnliche Hypothese machen wir ja selbst.
2) Vgl. meine neue Schrift Parapsychologie, München 1932.