Die ontologische Phänomenologie.
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Prinzip der virtuellen Verschiebungen; aber daß jene
Gesetze gelten, d. h. daseinsverwirklicht sein müssen,
wissen wir nicht.
Durch Nachweis des Daseins, d. h. der empirischen
Verwirklichung einer Soseinsmöglichkeit weiß ich also
allerdings, daß im Rahmen eben ihres Daseins nur mög¬
lich ist, was sich aus ihrem Sosein bedeutungshaft er¬
gibt, und nicht möglich, was ihrem Sosein bedeutungs¬
halt widerspricht. Aber das ist der einzig legitime Be¬
griff eines „Vorgegebenseins“; er ruht, wie man sieht,
auf dem Daseinsnachweis einer Soseinsmöglichkeit und
auf der rein formal logischen (oder mathematischen) Zer¬
gliederung eben dieser, und ist etwas ganz anderes als
Scheler’s angebliches aprioristisch-schauendes Vorge¬
gebensein, das auf ein Daseinmüssen gehen soll. Dasein¬
müssen gibt es für uns Menschen nie; nur Soseinmüssen
im Rahmen des Ur-bedeutungshaften gibt es für uns;
und die gesamte Soseinsdeduktion im Rahmen des Da¬
seins eines empirischen Sachverhalts, handle es sich um
„Bewegung“, um „Leben“ oder um was sonst, fällt zu¬
sammen, wenn das Sosein, aus dem deduziert wird und
das als Daseinsverwirklichtes ja doch empirisch gefunden
ward, sich im weiterem Fortgange der Empirie etwa doch
als nicht-so-daseinsverwirklicht herausstellt, wie man
geglaubt hatte — wie es z. B. betreffs der Bewegung die
heutige Physik, ob mit Recht oder mit Unrecht, behauptet.
Wir erinnern hier auch noch einmal an jene schon auf
Seite 19 von uns gestreifte Aussage gewisser Phänomeno-
logen, daß gewisse Setzungen andere Setzungen „wesens¬
mäßig fordern“. Apriori im ganz strengen Sinne gibt es
dieses „fordern“ nur im Rahmen der Urbedeutungen. Da
handelt es sich denn, von rein Analytischem abgesehen,,
um die „synthetischen Urteile apriori“ Kants. Im Reiche
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