Die ontologische Phänomenologie.
29
Plessner gesagt — (auf dessen Werk wir zurückkommen
werden). Plessner will das, was ich harmonische
Aquipotentialität nenne, notwendigerweise zum „We¬
sen“ des Lebens gehören lassen. Auch diese Aquipoten¬
tialität ist aber nur ein im Empirischen geschautes
Schema, und kein Mensch weiß apriori, daß dieses
Schema erfüllt sein muß. Die Dinge liegen eben durchaus
anders als im Rahmen der Mathematik, und man muß
sich aufs Äußerste vor dem Fehler der alten Ontologen
hüten, Begriffe, die man auf Grund aller möglichen empi¬
rischen Daten gesetzt hat, so anzusehen, als seien sie
apriori da und erlaubten nun eine „Deduktion“ aller Be¬
sonderheiten. Das ist reinste Selbsttäuschung — und
doch verfallen ihr heute so viele.
Der fundamentale, wesensmäßige Unterschied zwischen
Mensch und höchstem Tier soll auch apriori „geschaut“
werden. „Geist“ soll beim Menschen als ganz neues Ens
dazu kommen. Ich habe immer den Eindruck gehabt,
daß da, wo das Wort „Geist“ vorkommt, irgend etwas
nicht stimmt, und so auch hier; dieses Wort ist mir, um
einen Ausdruck Schopenhauers auf anderes anzuwen¬
den, stets ein Alarmschuß zur Vorsicht gewesen. Daß der
Mensch in viel höherem Grade als selbst die höchsten
Tiere, ja, vielleicht allein — (wissen können wir das gar
nicht) — „antezipierte Schemata“ besitzt, habe ich selbst
gesagt; aber muß da ein neues Ens, der „Geist“, in das
Seelische gleichsam hineinfahren; ein Ens, das dem Leben
wesensfremd ist, wenn es sich auch seiner gleichsam be¬
mächtigt? Übrigens wissen wir auch keineswegs, daß
allein der Mensch über das Denken denkt; wir vermuten
es nur auf Grund des behavior.
Neuestens ist es, im Anschluß an Schelers Lehren,
beliebt, das „Wesen“ des „Menschen“ zu „schauen“ und